George Clooney beweist in "The Ides of March": Vertrauen ist gut, Kontrolle unmöglich

Clooney spielt und führt Regie: „The Ides of March” ist weit mehr als ein genialer Politkrimi
Adrian Prechtel |
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Finden Sie, dass Politik ein „schmutziges Geschäft” ist? Wer hier einfach mit „ja” antwortet, rechtfertigt so meistens nur seine Faulheit, sich nicht mit wichtigen Fragen zu beschäftigen. Aber am Ende von „Iden des März – Tage des Verrats” haben wir so tief in die amerikanische Wahlkampf-Maschinerie geblickt, dass wir einen Schauer spüren – den der Faszination der Macht, aber vor allem den des Grusels über Härte und Intriganz des Polit-Systems. Nicht umsonst hieß ein packender Dokumentarfilm über Bill Clintons Wahlkampf 1992 „War Room”.

Im Spielfilm ist jetzt alles nochmal verdichtet: Clooney spielt den Gouverneur von Ohio, der’s wissen will. Und nicht nur, wer die jüngere US-Geschichte gut kennt, wird Spannendes erleben: Clooney ist eine Art Obama, also links vom amerikanischen Mainstream, dessen Slogan nicht „Hope – Hoffnung!”, aber „Believe – Glaube, Vertrauen” ist. Wie er hier ein Kandidat gegen die Todesstrafe ist – ohne Rache-Justiz-geile Bürger zu verprellen, wie er seine – riskant nicht vorhandene – Religiosität vernebelt und geschickt die amerikanischen Freiheits- und Familienwerte zu seiner Religion erklärt, ist so intelligent-elegant, dass es einem den Atem verschlägt. Ja, so funktioniert Politik, wenn sie für eine sozialdemokratische Vision kämpft und doch die konservative Mitte gewinnen muss. Im Film erinnert das auch an den Siegeszug Clintons – einschließlich Praktikantinnen-Affäre.

Hinter der Film-Wahlkampagne steckt ein taktisches junges Superhirn (Ryan Gosling). Und er wird – nachdem er sich mit zwei alten Wahlkampf-Haudegen-Beratern (Philip Seymour Hoffman und Paul Giamatti) überworfen hat – plötzlich selbst gefährlich machtlüstern. Wird er Clooney, den Mann mit dem cäsarischen Siegerlächeln, als ehrgeiziger, enttäuschter Mitarbeiter in einer Art Brutus-Mord auf dem Roten Teppich zur Macht zu Fall bringen?

„The Ides of March” ist ein spannender, differenzierter, shakespeare-hafter Freundschafts-Verrats-Krimi, in dem Gut und Böse nicht mehr völlig klar zu trennen sind – wie immer, wenn allzu Menschliches ins gefährliche Machtspiel kommt.

Kino: Atelier, Atlantis, Gloria, CinemaxX und Münchner Freiheit (OmU), Cinema (OV)
R: George Clooney (USA, 101 Min.)

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