Gelungen: Puccinis La Boheme im Prinze
Starke Gefühle: Puccinis "La Bohème", gesungen von Studenten der Theaterakademie im Prinzregententheater und begleitet vom Rundfunkorchester unter Ulf Schirmer
Zur Pause überkommt einen stark die Lust zum Verlassen des Theaters: Schon wieder Menschen mit Plateausohlen, Schlaghosen und den scheußlichen Frisuren der Siebziger. Aber zu gehen, wäre ein Fehler. Das Rundfunkorchester unter Ulf Schirmer begleitet unsentimental und kernig, wenn auch bisweilen wenig sängerfreundlich. Und Myung-Joo Lee singt eine höchst vielversprechende, gänzlich kitschfreie und glaubhafte Mimí.
Im dritten Akt wird dann deutlich, warum Regisseur Balázs Kovalik die melodramatischen Szenen von Puccinis Oper als Dreharbeiten zu einer Telenovela inszeniert. Er will Puccini nicht als Kitsch-Opa entlarven, sondern den Kontrast schärfen. Nach der Pause inszeniert er zeigt er die wahren Gefühle. Die fernmündliche Abschiedsszene zwischen Rodolfo (Jun-Ho You) im Wohnwagen und der im Telefonhäuschen vor einer Disco zusammenbrechenden Mimí ist starkes Theater, das nur noch von der grandiosen Schluss-Szene mit dem einsam seine Trauer herausschreienden Rodolfo übertroffen wird. So etwas gelingt nur selten.
Robert Braunmüller
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