Gelassenheit selbst im größten Getümmel

Salzburger Glamour: Christian Thielemann, Renée Fleming und die Wiener Philharmoniker
von  Volker Boser

Die wirklichen News erfahren wir aus dem Programmheft: Meisterkoch Daniel Boulod hat eines seiner Desserts „La Diva Renée” genannt. Die Erlöse aus ihrer vor drei Jahren lancierten Parfüm-Linie gehen an die New Yorker Metropolitan Opera. Auch wo ihr Schmuck herstammt, wird verraten.

Renée Fleming weiß, worauf es ankommt. Einst erfrischend natürlich, gibt sie sich nun als mondäne Primadonna. Die Blumen, die sie am Ende ihres Salzburg-Trips bekommt, lässt sie wieder heraustragen. Sie hat keine Hand frei. Das Abendkleid muss gerafft werden.

Vier Lieder und die Final-Szene aus dem ersten Aufzug der „Arabella” genügten, um das Publikum im Großen Festspielhaus einzulullen. Und auch Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker lagen der Diva zu Füßen. Fernsehkameras hielten das Ereignis fest. Es wird eine DVD geben. Doch ob man die wirklich haben muss, darf leise angezweifelt werden.

Denn mittlerweile klingt die Stimme vor allem dann, wenn sie auf kurzem Raum zu reagieren hat („Winterliebe”), reichlich spröde. Die Melodiebögen gelingen zwar perfekt, doch längst nicht mehr mühelos („Gesang der Apollopriesterin”). Der Arabella scheint Renée Fleming entwachsen. Und was schon bei ihren Münchner Auftritten verärgerte: Von den Texten war kaum etwas zu verstehen.
Wie gut die Philharmoniker sein können, wenn sie nur wollen, war in der „Alpensinfonie” allgegenwärtig. Christian Thielemann konnte es sich leisten, selbst im größten Getümmel gelassen zu bleiben und der klanggewaltigen Strauss-Routine des Orchesters zu vertrauen – energische Bläser, dazu der seidene Sound der Streicher, das alles war von überwältigender Eindringlichkeit. Dass das Stück in seinen Einfällen Löcher aufweist wie ein Schweizer Käse, ließ sich freilich nicht vertuschen.

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