Gasteig-Sanierung: Leerstand in städtischer Bestlage

München - Am 15. Juli fand das letzte Konzert in der Philharmonie am Gasteig statt: ein Abend mit Orgelmusik. In wenigen Tagen, am 8. Oktober, wird die Isarphilharmonie im Gasteig-Interim an der Hans-Preißinger-Straße eröffnet. Und was passiert am Isarhochufer?
Die optimistische Gasteig-Website rechnet mit einer "Bauzeit von vier bis fünf Jahren". Realisten rechnen mit einer Wiedereröffnung um 2030 herum, und Pessimisten fürchten, dass es noch länger dauern wird. Und dafür spricht eigentlich alles: Die Bagger sind noch nicht angerückt, nirgendwo steht ein Kran und Bauarbeiter sind auch nicht zu sehen.
Vorläufig passiert am Gasteig nichts. Eine Stadtratsanfrage der ÖDP zum Stand der Dinge wurde zuletzt schmallippig beantwortet. Seit der Stadtrat im September beschlossen hat, zur Entlastung des städtischen Etats einen Investor zu suchen, liegt der Ball beim Baureferat.
Es werde ein Vergabeverfahren für ein Investorenmodell mit den dazugehörigen Unterlagen erarbeitet, hieß es auf Anfrage der ÖDP, außerdem prüfe das Kulturreferat und die Gasteig GmbH weiter Einsparmöglichkeiten, um die vom Stadtrat beschlossene Kostenobergrenze von 450 Mio. Euro einzuhalten.
Gasteig-Sanierung: Es wird abgewartet
Das Abwarten hat auch mit unterschiedlichen Positionen in der grünroten Ratshauskoalition zu tun. Die Grünen sowie die oppositionelle CSU und die ÖDP favorisieren die Generalsanierung mit Optimierung und Weiterentwicklung des Gebäudes, die SPD fürchtet Kostensteigerungen und ist mehr oder weniger nur bereit für eine Optimierung der Philharmonie. Die geplante Vernetzung der Raumteile mit einer Kulturbrücke gilt als zu teuer. Auch der Oberbürgermeister scheint diese Ansicht zu teilen.
Rathaus-Insider wollen wissen, dass die Investorenausschreibung viel Zeit brauche und dieses Jahr wohl kaum mehr dem Stadtrat vorgelegt werden dürfte. In einem Krisengespräch im Sommer hieß es, dass es wohl noch mehrere Jahre dauern wird, bis man mit der Ausschreibung beginnen könne, da diese komplexer sei, als zunächst angenommen wurde. Jedes noch so kleine Detail müsse für die Ausschreibung im Vorhinein explizit beschrieben und beantragt werden, um versteckte Kosten zu verhindern.
Die Konzertveranstalter ärgern sich
Das bedeutet dauerhaften Leerstand in städtischer Bestlage. Nach dem Auszug der Münchner Volkshochschule im Februar 2022 wird der Gasteig leer stehen. Das ärgert auch Konzertveranstalter, weil Veranstaltungen in der Philharmonie mit 2.400 Plätzen wirtschaftlicher zu kalkulieren wären wie in der rund 600 Sitze kleineren Isarphilharmonie.
Die Gasteig GmbH erklärt außerdem, sie verfüge über keinerlei personelle Kapazitäten für eine Bespielung beider Häuser, da das Personal mit dem Interim voll ausgelastet sei. Da dem Vernehmen nach auch Teile der Technik ausgebaut und Möbel ins neue Interim transferiert werden, scheint eine Zwischennutzung vorerst ausgeschlossen.
Das Investorenmodell hat - nach derzeitigem Kenntnisstand - beim neuen Volkstheaters gut funktioniert. Das ist aber ein Neubau, keine mit vielen unbekannten Variablen verbundene Generalsanierung wie am Isarhochufer. Die ÖDP-Stadträtin Sonja Haider fürchtet, dass die Suche nach einem Investor alles nur noch teurer machen wird: "Die Miete im Interim muss länger bezahlt werden, außerdem steigen derzeit überall die Baukosten." Das Einsparpotential bei sei ohnehin begrenzt, weil die Gasteig GmbH bereits im Vorfeld sehr sparsam vorgegangen sei.
Als Alarmzeichen nimmt Haider auch wahr, dass die Münchner Volkshochschule derzeit noch nicht kontaktiert worden sei und keine Prüfaufträge oder Sparvorgaben erhalten habe. Gut informiert fühlt sich niemand, das Verfahren gilt als wenig transparent.
München mag zwar bald ein schönes Provisorium in Sendling bekommen. Aber der Preis dafür ist das Ärgernis, dass an der Isar auf Sichtweite zwei leere Konzertsäle vor sich hingammeln. Nur ein paar Meter unterhalb verrottet an der Ludwigsbrücke seit Jahrzehnten der Kongresssaal des Deutschen Museums. Dessen Zukunft ist ebenfalls ungeklärt. Und die Kostenexplosion bei der Sanierung des Technikmuseums ist ohnehin ein warnendes Beispiel für alle ähnlichen Projekte, die teuer begannen und noch teurer endeten.