Garant für Weltoffenheit
Im literarischen Konkurrenzkampf der Städte gerät München langsam in Bedrängnis: Ein neues Literaturfestival soll Abhilfe schaffen, angeblich unter der Leitung des Autors Ilja Trojanow
Den Ruf als bedeutende Literaturstadt muss München immer heftiger verteidigen, vor allem gegenüber Berlin, schon lange die Lieblingsstadt der meisten deutschen Autoren. Kulturreferent Hans-Georg Küppers kippte nach seinem Amtsantritt die Münchner Frühjahrsbuchwoche, aber nicht um das Budget für ein Literaturfestival einzusparen, sondern um das angejahrte Konzept neu zu überdenken.
Er lud Verleger und Vertreter der literarischen Szene zum runden Tisch, auch um sich in seinem Plan bestätigen zu lassen. München braucht ein „richtiges“ Literaturfest – oder gar keines. Schließlich schicken die Verlage ihre Autoren ja ohnehin auf Lesereise – und an Lesungen mangelt es in München beileibe nicht.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Ein überregional aufsehenerregendes Festival aber, wie es Köln vor wenigen Jahren mit der LitCologne erfolgreich erfand, lässt sich nicht so einfach aus dem Boden stampfen. Der Wettbewerb ist – ähnlich wie bei den Filmfesten – international und wird mit harten Bandagen (und viel Geld) geführt. In Deutschland hat sich neben Köln in diesem Jahr auch Hamburg ins Spiel gebracht. Das Harbour Front Literaturfestival findet erstmals vom 9. bis 19. September statt, 85 Veranstaltungen mit größten Teilen der deutschen Literaturprominenz und einigen internationalen Stars sind geplant.
So groß und teuer wird sich München sein Literaturfest 2010 nicht leisten können, die Stadt darf sich auch nicht – wie Berlin – so selbstverständlich an den üppigen Töpfen der Bundeskulturstiftung mästen. Aber es kann kein Zustand für die (einst) wichtigste Verlagsstadt der Welt sein, wenn man nicht einmal auf Augenhöhe mit Erlangen spielt (wo am Wochenende das Poetenfest stattfindet).
Viel gesucht und einen Kosmopoliten gefunden?
So hat das Kulturreferat in den letzten Monaten eine Menge Konzepte gesichtet – und offenbar einen Favoriten gefunden. Nach AZ-Informationen, die das Referat nicht bestätigen möchte, ist die Wahl auf Ilja Trojanow als Kurator und Festivalchef gefallen. Der 44-jährige in Sofia geborene Kosmopolit ist Garant für Weltoffenheit und ein breites Themenspektrum – und selbst bestens vernetzt.
Vor drei Jahren gelang Trojanow mit „Der Weltensammler“ ein Bestseller, letzte Woche veröffentlichte er gemeinsam mit Juli Zeh „Angriff auf die Freiheit: Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte“ (Hanser Verlag).
Volker Isfort
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