Friede, Freude, Eiersuchen

Andrés Orozco-Estrada setzt am Pult der Münchner Philharmoniker auf Klangpolitur – schade für den Pianisten David Fray
von  Christa Sigg

Es muss ja nicht gleich die große Passion sein. Aber in der Karwoche auf die ernsteren Seiten des Daseins zu blicken, hat auch in Sinfoniekonzerten Tradition. Und einen Abend komplett in d-moll musste man sowieso als bewusstes Gegenstück zu einem Friede-Freude-Götterfunken-Programm auffassen. Allerdings war Dirigent Andrés Orozco-Estrada da ganz anderer Meinung und zelebrierte am Pult der Münchner Philharmoniker vor allem Nettigkeiten plus Klangpolitur.

Schade um die Sinfonie Nummer 26 war das, in die Joseph Haydn ganze Passagen aus einem Passionsspiel gefügt hatte und die nicht ohne Grund den Beinamen „Lamentazione” trägt. Bei allem Bemühen um Durchsichtigkeit, plätscherten die drei Sätze harmlos in die Philharmonie, besonders dem abschließenden Trio fehlte es deutlich an Gewicht. Und man gewann den Eindruck, da werden schon Ostereier gesucht.

Auch bei Bachs Konzert für Klavier und Orchester BWV 1052 entschied sich der mit allerlei Einspringer-Lorbeeren geschmückte Kolumbianer zu bravem Abarbeiten der Partitur. Dabei hatte er mit David Fray einen feinsinnigen Gründler neben sich, einen Solisten, der bei allem Hang zu kleinen Eitelkeiten immer den Dialog sucht, die Auseinandersetzung, den Gehalt. Allein, es blieb bei den Angeboten des Franzosen, dem kaum anderes übrig blieb, als sich mehr und mehr in einen zuweilen romantisierenden Monolog mit seinen Tasten zu krümmen.

Wenigstens bei Dvorák ließen sich die Philis nicht mehr bremsen. Auf dessen Siebte schien die Lust ungleich größer als auf barocke Grüblerei, und man konnte endlich den prall gefüllten Farbkasten öffnen. Wo aber war die Tragik? Der Kampf im Kopfsatz? Die schroffe Strenge im Scherzo? Es brauchte lange, bis die extremen Emotionen dieser außergewöhnlichen Sinfonie durchbrachen.

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