Frank Plasberg: "Ich wurde beschattet"
Frank Plasberg besuchte Mitte der 80er Jahre die DDR. Heute – 20 Jahre nach dem Mauerfall – prüft er das Wissen von Ost- und West-Promis. Der neue Quiz-Onkel der ARD möchte er aber nicht werden
Was wissen die Menschen in Ost und West 20 Jahre nach dem Mauerfall voneinander? Frank Plasberg prüft das heute in „Das Quiz der Deutschen“. Zwei Teams treten an: In der Ost-Mannschaft sind Simone Thomalla, Jan Josef Liefers und Kai Pflaume. Die Westkollegen sind Musiker H. P. Baxxter, Nachrichtenfrau Judith Rakers und Walter Sittler
AZ: Herr Plasberg, wie alt wird das Sandmännchen am 22. November?
FRANK PLASBERG: Ich habe keine Ahnung, dazu müsste ich Ostfernsehen geguckt haben, das habe ich aber nicht.
50 Jahre. Was für Fragen stellen Sie denn heute?
Solche, die ins Lebensgefühl der Menschen im Osten und im Westen gehen. Das kann eine Frage zur Aufklärung anhand des Sexualkundeatlas der Bundesrepublik Deutschland sein. Oder eine zur Nacktbadekultur der DDR, um jetzt mal mit dem Untenrum-Themen anzufangen.
Wird das ein klassisches Quiz?
Nein, es gibt Fragerunden, aber auch viele Aktionen. Wir haben beispielsweise einen Original-DDR-Konsum mit Ostprodukten, in dem das West-Team mit zehn DDR-Mark einkaufen muss. Das wird spannend, denn Sachen, die einem billig vorkommen, kosten plötzlich acht Mark, andere nur ein Paar Pfennige.
Gibt es etwas aus dem Osten, das Sie persönlich nicht mehr missen wollen?
Ich habe eine Ampelmännchen-Büroleuchte, die mir die Gute-Laune ins Gesicht zaubern kann. Ich warte auch in Berlin an Ampeln mit Ampelmännchen viel lieber.
Kein einziger Politiker ist beim „Quiz der Deutschen“ dabei. Warum?
Wir haben es irgendwann aufgegeben. Anscheinend war die Angst zu groß, sich zu blamieren, obwohl wir ja kein Geschichtsquiz machen. Wir stellen Fragen, die man nicht wissen muss.
Wo waren Sie eigentlich am 9. November 1989?
Ich war in Köln, kam um halb zwei aus der Kneipe nach Hause, habe den Fernseher angemacht und gedacht: Du darfst jetzt nichts mehr trinken. Nicht dass ich betrunken war, aber ich konnte erst einmal überhaupt nicht glauben, was ich da sehe. Zufällig hatte ich für den nächsten Tag ein Flugticket nach Berlin. Für SWR3 habe ich dann von Freitagnachmittag bis Sonntagabend als Reporter, aber auch als Mensch, diese ersten Stunden der offenen Stadt erlebt. Das war traumhaft.
Gibt es eine Situation, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
Ich hatte einen Riesendusel als ich Nachts um halb zwei an einem Grenzübergang stand, wo gar nicht viel los war. Plötzlich kamen drei Leute, von denen einer Willy Brandt war. Der war total beseelt. Ich habe mich erst gar nicht getraut ihn anzusprechen. Allerdings hätte ich mir nie verziehen. Also habe ich ihn mit viel Überwindung angesprochen. Ich weiß gar nicht mehr, was ich ihn gefragt habe.
Laut einer Umfrage wünschen sich zehn Prozent der Ostdeutschen die Mauer zurück. Können Sie sich das erklären?
Ich glaube, dass Leute, die am Telefon oder auf der Straße angesprochen werden, einfach mal ihren Frust rauslassen. Ich verstehe das auch bei der Generation, die bei der Wende zwischen 40 und 50 war. Viele haben ihre Identität mit ihrem Arbeitsplatz und ihrem Umfeld verloren. Da ist die Mauer wohl ein Synonym dafür, dass man es gerne hätte so wie früher hätte. Aber niemand wünscht sich doch tatsächlich die Unfreiheit zurück.
Waren Sie einmal in der DDR?
Als Schüler war ich ein paar Mal in Ostberlin. Und Mitte der 80er Jahre war ich mit Christine Westermann, mit der ich damals die „Aktuelle Stunde“ moderiert habe, in Erfurt, wo sie geboren wurde. Ich fand es damals fast hysterisch, dass die Menschen im Gespräch mit uns so vorsichtig waren. Als Christine später ihre Stasi-Akte angesehen hat, wurde klar, wer damals alles mitgehört hat. Da habe ich mich im Nachhinein geschämt, denn die Leute hatten recht. Wir sind richtig beschattet worden.
Günther Jauch hat Anfang Oktober ein RTL-Quiz zum selben Thema veranstaltet: „Ist die Mauer wirklich weg?“ Haben Sie es gesehen?
Ich habe sie mir aufgezeichnet, aber ganz bewusst nicht angesehen, um nicht befangen zu werden. Nach meiner eigenen Sendung werde ich sie mit Spannung anschauen.
Volker Herres würde sich freuen, wenn Sie viele Aufgaben von Jörg Pilawa übernehmen würden. Was sagen Sie dazu?
„Hart, aber fair“ ist meine Kernkompetenz – meine Hauptwohnung. Schön ist es, wenn man sich in der ARD auch eine Ferienwohnung leisten kann. Auf der Showtreppe bin ich aber nicht zu Hause.
Gestern fiel „Hart, aber fair“ wegen Fußball aus. Schmerzt das?
In dieser Woche ist es besonders bitter, schließlich haben wir eine neue Bundesregierung. Das tut richtig weh. Aber da mein Vater ein eingefleischter Fußballfan ist, habe ich ihm zumindest die Qual erspart, sich zwischen Fußball und seinem Sohn entscheiden zu müssen.
Wer aus dem neuen Kabinett interessiert Sie denn besonders?
Philipp Rösler. Aufgrund seiner Biografie und weil ich glaube, dass das Gesundheitsministerium den toughesten Typen verlangt.
Angelika Kahl
"Das Quiz der Deutschen - Der große Einheitscheck", ARD, 29.Oktober, 20.15
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