Feuchte Flecken auf dem Trittbrett

Es musste ja kommen: Bestsellerautor Heinz Strunk gibt mit „Fleckenteufel“ seine Antwort auf Charlotte Roches „Feuchtgebiete“
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Es musste ja kommen: Bestsellerautor Heinz Strunk gibt mit „Fleckenteufel“ seine Antwort auf Charlotte Roches „Feuchtgebiete“

Der in sexuellen Dingen noch vollkommen unerfahrene 16-jährige Thorsten nimmt im August 1977 an einer evangelischen Sommerfreizeit an der Ostsee teil. Es wird eine Initiationsreise in die Welt der pubertären Körper. So weit die Ausgangslage von „Fleckenteufel“ (Rowohlt, 224 Seiten, 12 Euro), dem neuen Roman des Satirikers und Bestsellerautors Heinz Strunk. Auf einer anderen Ebene betritt diese Zeitreise in die deutsche Provinz allerding Neuland: „Fleckenteufel“ ist eine Art von Trittbrettfahrer-Literatur.

AZ, Herr Strunk, wann haben Sie eigentlich „Feuchtgebiete“ gelesen?

Im November 2007.

Aber das Buch kam doch erst drei Monate später raus.

Ich war mit Charlotte mal befreundet, die hat mir die Fahnen ihres Buches geschickt.

Und die Lektüre hat Sie zu einer „männlichen“ Antwort animiert?

Nö, zu dem Zeitpunkt noch nicht. Mich hat das Thema aber beschäftigt, weil ich fand, dass sich das Feuilleton selten so lächerlich gemacht hat, wie bei der Behandlung der „Feuchtgebiete“. Was da alles überinterpretiert und hineinvergeheimnist wurde: vermeintlich postfeministische Theorien, blutiger Protest gegen die globale Schönheitsdiktatur à la Heidi Klum. Das hat mich geärgert.

Weil die Autorin als Tabubrecherin dargestellt wurde?

Es gibt keine Tabus, alles ist zigfach gebrochen. Gegen was kämpft die eigentlich an? Dass Frauen sich heute rasieren, ist doch eine ausgesprochen erfreuliche Entwicklung. Ich kann mich da noch an ganz andere Zeiten erinnern – wenn auch sehr ungern.

Aber jetzt hängen Sie sich schon an einen Erfolg!

Das werden viele glauben, sollen sie auch. Aber wer meine Arbeit über einen langen Zeitraum verfolgt hat, wird wissen, dass ich mich auch im „Titti-Kaka“-Segment schon ausführlich abgearbeitet habe, wenn auch nicht schriftlich, sondern in Form von Hörspielen. Ich bin 46 Jahre alt, jetzt habe ich mich aus diesem Bereich verabschiedet.

Sie haben jetzt gewissermaßen Ihre anale Phase überwunden?

Das wollte ich damit sagen.

Was mich wundert ist, dass Ihr jugendlicher Held so unter Verdauungsproblemen leidet.

Ich habe da aus meiner Erinnerung geschöpft, und ich weiß noch, dass ich in fremder Umgebung erst einmal tagelang nicht zur Toilette konnte. Das Phänomen kennt jeder, glaube ich.

Haben Sie sich mit dem im Buch erwähnten Apfelkorn zurück in die Jugend geschossen?

Gar nicht. Ich habe persönlich mit 14 Jahren meine Apfelkornkatastrophe erlebt und ihn danach nie wieder angerührt. Ich könnte das heute sicher gefahrlos tun, habe aber das Bedürfnis nicht mehr. Ich bin auch kein Korntrinker.

Was wollen Sie denn mit dem Buch bewirken? Dass man Onanie und Verdauungsprobleme als Small Talk salonfähig macht?

Quatsch, ich habe keinerlei missionarischen Ehrgeiz. Ich will ein unterhaltsames Jugendbuch abliefern. Was mir gefällt, ist die Indifferenz in der frühen, sexuellen Prägung. Thorsten ist zwar nicht schwul, findet seinen Klassenkameraden Andreas aber genauso geil wie ein Mädchen.

Ihr Buch thematisiert auch die Langeweile.

Na klar, in den Jahren war in der Provinz wahnsinig wenig los. Das hat ja auch der Rocko Schamoni so treffend in „Dorfpunks“ beschrieben. Mein Leben noch einmal literarisch aufzuarbeiten, war ein schöner Nebeneffekt.

Aber dieses Buch wird wohl nicht verfilmt werden.

Warum nicht? Ich gehe davon aus.

Was hat Charlotte eigentlich zu diesem Buch gesagt?

Nix, ich habe es ihr nicht geschickt. Wir sind über Kreuz, wie man so schön sagt.

Dann versuche ich es auch mal mit einer Überinterpretation: „Fleckenteufel“ ist Ihr Hilfeschrei, Charlottes Freundschaft zurück zu bekommen.

Sie können machen, was Sie wollen, aber diese Interpretation wäre doch irgendwie falsch.

Volker Isfort

Heinz Strunk, „Fleckenteufel“ (Rowohlt, 224 Seiten, 12 Euro)

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.