Feelgood statt Down
„Me too – Wer will schon normal sein?“ hat das Zeug, die Sommerkomödie 2010 zu werden. Denn der spanische Film ist alles: ergreifend, wahr und dabei auch noch wirklich witzig
9Man kennt sie doch, diese Neid-Irritation? Da kommt ein Super-weib mit so einem Wicht daher und man fragt sich: Wie kommt denn der zu so einer Frau!
Bei Daniel ist die Sache noch viel prekärer. Denn Daniel hat zwar sogar 47 statt normal 46 Chromosome, aber damit das Downsyndrom. Und Laura ist die Sexbombe im Stadtverwaltungsbüro. Und unfassbarerweise bahnt sich da was an! Wer jetzt einen politisch korrekten oder – noch schlimmer – Mitleids-Film vermutet, liegt falsch: „Me too – Wer will schon normal sein?“ ist eine der ergreifendsten und dabei auch witzigsten Liebesgeschichten der letzten Jahre.
Das liegt nicht nur daran, dass Pablo Pineda stark, aber auch erfrischend selbstironisch mit Daniel auch seine eigene Geschichte spielt – vom Jungen, dessen wohlhabend, liberale Eltern seine Behinderung zwar nicht ignorieren konnten, aber nicht wahr haben wollten und ihn so lange forderten und förderten, bis er einen Universitätsabschluss erreichte.
Der Film von den Regisseuren Alvarao Pastor und Antonio Naharro, (siehe Kino-Stadt, S. 5) ist so ergreifend, weil er elegant vielschichtig erzählt: Denn der Mann mit Handicap hatte eine schöne Kindheit, die natürlich privilegierte Frau (Lola Duenas) dagegen eine Horrovergangenheit, die sie bindungsunfähig und – bei allen Affären – letztlich einsam macht. Und so ist es im Film völlig natürlich, dass sie im sensibel-selbstbewussten Daniel eine echten „guten Freund“ sucht – nur eben bitte keinen Sex! Oder doch ein Happy sexy End? Immerhin ist der Film ja eine Komödie! Doch für einfache Lösungen ist dieser intelligente Film viel zu raffiniert.
In Spanien hat der Film bereits abgeräumt, in Deutschland hat er schon unter Begeisterungs-Applaus das Filmfest München eröffnet. Jetzt hat er das Zeug, „die!“ Sommerkomödie 2010 zu werden, denn jeder Zuschauer wird Freunde und Bekannte reinschicken – was Dauerbrenner-Möglichkeiten eröffnet. Dabei muss die PR-Strategie bei Kinogängern erst einmal die Abwehr-reaktion „Problemfilm“ überwinden. Wie gut das gelingen kann, hat schon „Vincent will meer“ von und mit Florian David Fitz mit einer dreiviertel Million Zuschauern bewiesen, obwohl es auch um das Tourette-Syndrom, Magersucht und Zwangsneurosen geht.
Zusammen mit „Me too“ sind diese Filme der Beweis, dass ein wunderbar heiterer Unterhaltungsfilm keine Schenkelklatsch-Klischees braucht und auch Tiefe riskieren kann. So spüren Zuschauer etwas in ihrem Herzen und gehen angeregt beschwingt aus dem Kino. Adrian Prechtel
B&R: Alvaro Pastor, Antonio Naharro (Spanien, 103 Min.)
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