Fancy wird 77

Die Münchner Musiklegende feiert am 7. 7. Geburtstag und gastiert am Tag danach im Technikum
Moses Wolff |
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Fancy mit Michael Jackson.
Todd Gray 2 Fancy mit Michael Jackson.
Der Münchner Musiker Fancy.
Mathis Beutel 2 Der Münchner Musiker Fancy.

Sein leiblicher Vater war Spanier, seine Mutter streng katholische Münchnerin, die Fancy nach der Grundschule in ein Kapuzinerkloster steckte, wo er kaum hinpasste, zum einen, weil er sich ein Leben als Mönch so ganz und gar nicht vorzustellen vermochte, zum anderen, weil er schon früh wusste, dass er auf die Bühne gehört und sich mehr für Makeup, Rock'n'Roll und das wilde Leben interessierte.

An amerikanische Musik kam man damals Ende der 1950er Jahre nicht gescheit ran, aber im Radio liefen die Hits von Peter Kraus und Ted Herold, die der mit bürgerlichem Namen Manfred Alois heißende Fancy, Spitzname "Tess", heimlich im Kloster hörte, während zwei seiner Schulfreunde Spalier stehen mussten, damit sie keiner erwischt. Nach dem Tod seines Vaters heiratete die Mutter einen neuen Mann, der die Rolle des Papas wunderbar ausfüllte und dem jungen Künstler zeitlebens mit Rat und Tat zur Seite stand. Daraufhin verließ er das Kloster und zog zurück in die Weltstadt mit Herz.

"Mei", erzählt Fancy heute in sauberem Bairisch, "waren die froh, wie ich gangen bin." Nach der strengen Zeit im Kreise der Mönche kam er ans Theresiengymnasium, wo er die Band Tess and the Mountain Shadows gründete, die ausschließlich Cliff Richards-Coversongs performte.

Es folgten glamouröse Varietéshows mit Travestieeinlagen und Magie. Sein Bühnenpartner Hansi, gelernter Metzger, musste mit dem Kopf in einen Schwertkasten schlüpfen, in den Tess 20 Säbel hineinsteckte. Dann wurde eine Klappe geöffnet und das Publikum sah nur die Säbel, aber der Kopf war weggezaubert, das Publikum tobte vor Vergnügen und forderte als nächstes Abend-Highlight den Gesang von Tess ein, einem Wunsch, dem er ganz ohne Zögern nachkam.

Es ging bergauf mit ihm, sowohl als Produzent, als auch als Solokünstler. Zahlreiche Singles erschienen unter dem Namen Tess Teiges, unter anderem "Ich komm wieder, kleine Geisha" und "Fata Morgana".

Eines Tages, im November 1966, saß Tess, der immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort weilte und bis heute ein untrügliches Gespür für Menschen und Situationen hat, am Tag nachdem Jimi Hendrix im berühmten Münchner Big Apple zu Gast war, bei Jimi samt Band in einer kleinen Pension in der Amalienstraße beim Frühstücken.

Er freundete sich mit Frank Farian an und produzierte gemeinsam mit Giorgio Moroder "Harmonie" mit Claudia Schwarz von den Les Humphrey Singers. Dann lernte er den Disco-König Bobby Orlando kennen, der gemeinsam mit den damals noch relativ unbekannten Pet Shop Boys an dem Song "It's a Sin" arbeitete. Tess hatte den Einfall, dass Hildegard Knef mit ihrer geheimnisvollen Stimme den Titel einsingen könne und fuhr mit einem kleinen Aufnahmegerät nach Berlin. Hilde war gut vorbereitet, ein Glas Whiskey stand bereit, doch es gab Uneinigkeit bezüglich des Textes und das Projekt kam nicht zustande. Die Pet Shop Boys sangen den Titel selbst ein und es wurde ihr erster Hit. Tess produzierte indes "Ways of Love" mit Hildegard Knef, ein Song, den Ralph Siegel bis heute in höchsten Tönen lobt.

Dann kam das einschneidende Ereignis: Orlando spielte Tess "Shoot your Shot" des Dragqueen-Schauspielers Divine vor, was ihn so inspirierte, dass er die Kunstfigur Fancy schuf und den Song "Slice me nice" aufnahm, ein provokanter Discohammer, der wie "Frames of Love" und viele andere Hits des Münchners lange Wochen in den Charts war. Die großen Erfolge, unter anderem US-Top Ten of the year im Jahre 1985, feierte Fancy mit Divine und Freddy Mercury in den damaligen Münchner Glam-Clubs.

Der erste Auftritt als Fancy fand im berüchtigten Schwabinger "Aquarius" statt, dem dreistöckigen Nachfolger des "Yellow Submarine", das sich inmitten eines riesigen Aquariums mit Haien und Riesenschildkröten befand, die durch Bullaugen betrachtet werden konnten, während man wie auf einem Luxusschiff in Ledersesseln saß und teure Cocktails schlürfte. Seine Mutter konnte als strenge Katholikin nichts mit Fancys Musik anfangen, aber der Ziehvater war bei der ersten Show begeistert dabei.

Fancys Karriere nahm kein Ende, er produzierte hinreißende Hörbücher mit Tiergeschichten für seine guten Freunde Siegfried und Roy. Er lernte Michael Jackson kennen, der als großer Fan der beiden Tiger-Zauberkünstler den Song "Mind is the Magic" schuf und ihnen schenkte, was Jacksons Plattenfirma ganz und gar nicht schön fand.

Aber geschenkt ist geschenkt, da helfen die besten Anwälte nichts. Tja, und wer hat den Song abgemischt? Fancy! Vor drei Jahren bekam Fancy einen Cameo-Auftritt in Klaus Lemkes Spielfilm "Ein Callgirl für Geister" und durfte als schräger Bestatter ein Medley aus seinen größten Hits singen.

Am Samstag, den 8. Juli gastiert Fancy im Technikum, Werksviertel. Begleitet wird er dabei von der Boygroup Bonny Tones, die Fancy 2022 in einem Kaffeezelt auf der Wiesn entdeckt hat. Sie spielen grandiosen, authentischen Rock'n'Roll.

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