Explodierende Schläferin
„Salt“ von Phillip Noyce ist ein packender Spionage-Thriller mit einer fantastisch kalten Angelina Jolie
Ihr Name ist Jolie. Angelina Jolie. Und gleich zu Beginn klammert sie sich unter nordkoreanischer Folter innerlich an den Vorsatz: Stirb an einem anderen Tag. „Ich bin kein Spion!“, keucht sie immer wieder. Aber man ahnt: Mit dieser eisenharten Frau stimmt etwas nicht! Und diese Spannung wird bis zum Ende des Filmes nicht mehr nachlassen. Und wenn am Ende einiges klarer scheint, aber noch viele Fragen offen sind, deutet sich schon Teil 2 an. Denn es lauern noch genügend terroristische Schläfer-Elitespione in der US-Gesellschaft.
So überbrückt der Sony-Film „Salt“ die bald jahrelange Bond-Produktionskrise bei MGM. Unser Zwischenzeit-James-Bond ist eine Frau mit paradox eisiger Sinnlichkeit, und jetzt sind halt die Männer nur schmückendes Beiwerk (wie August Diehl als Jolies Ehemann) einer Action-Katze.
Ein Teil des Kassenerfolges von Actionfilmen ist auch, dass sie – bei aller vordergründigen Spannung – auch untergründig Zeitängste spiegeln – wie es lange Zeit James Bond im Kalten Krieg vermocht hat. Dass jetzt aber – neben Nordkorea – wieder Gefahr aus Russland droht, ist – bei allem Unbehagen an der undemokratischen Entwicklung – unzeitgemäß bedenklich. Und es ist auch wenig originell, Obskures wie das Kennedy-Attentat als russische Verschwörung umzudeuten oder anachronistisch witzlos, die Idee eines Atomkrieges mit alten russisch-amerikanischen Rechnungen als Bedrohungsszenario aufzubauen. Diesmal ist der Dr. Seltsam ein neostalinistischer, von vergangener sowjetischer Größe träumender Spionage-General (Daniel Olbrychski) mit klischeehafter harter Finstermienen-Russen-Truppe aus dem Umerziehungslager.
Diese ideologischen Schwächen des Films von Phillip Noyce („Das Kartell“, „Der stille Amerikaner“) schmälern nicht seine gewagte Stärke, dass die Rolle unserer kalten, fast persönlichkeitslosen Heldin aufregend unklar bleibt. Dabei spielt Angelina Jolie so physisch hart, rücksichtslos und scheinbar ohne Computeranimations-Sterilität und Übergeschwindigkeit, dass uns der Atemstockt.
Adrian Prechtel
Kino: Mathäser, CinemaxX, Münchner Freiheit, Royal, R: Phillip Noyce (USA,100 Min.)
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