"Everest": Die Bücher zum Bergsteiger-Epos

"Everest" dokumentiert die beeindruckende Reise zweier Expeditionsteams im Jahr 1996, die von einem der schlimmsten Schneestürme aller Zeiten getroffen werden.
(mih/spot) |
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"Everest" dokumentiert die beeindruckende Reise zweier Expeditionsteams im Jahr 1996, die von einem der schlimmsten Schneestürme aller Zeiten getroffen werden. Als Vorlage für den Film dienten die literarischen Veröffentlichungen der Überlebenden.

München - Am 18. April 2014 kamen 16 Menschen durch eine Lawine am Mount Everest ums Leben. Die meisten von ihnen waren Sherpas, die eine Route präpariert hatten. Nicht für sich, sondern für die zahlreichen Bergtouristen, die jedes Jahr versuchen, den höchsten Gipfel der Erde zu erreichen. Der Massentourismus hat auch vor dem Everest nicht Halt gemacht. Und das, obwohl die Folgen dieser Kommerzialisierung bereits 18 Jahre zuvor grausam deutlich wurden: Mehr als 30 Bergsteiger wurden im Mai 1996 bei dem Versuch, den Gipfel des Mount Everest zu erreichen, von einem Wetterumschwung überrascht. Acht von ihnen kamen dabei ums Leben.

Sehen Sie hier den Trailer zu "Everest"

Der Film "Everest" bringt diese Tragödie nun auf die Leinwand und orientiert sich dabei unter anderem an den Büchern, welche einige der Überlebenden der 96er-Katastrophe veröffentlichten.

 

"In eisigen Höhen"

 

Der US-Journalist Jon Krakauer sollte für das "Outside"-Magazin über die zunehmende Kommerzialisierung am Mount Everest berichten. Tatsächlich wurde er Zeuge des größten Unglücks, das sich bis dahin dort zugetragen hatte. Seine Erinnerungen veröffentliche Krakauer im Anschluss als Buch. "In eisigen Höhen" wurde ein millionenfach verkaufter Bestseller. Das Werk ist spannend und berührend, und besitzt durch seine schonungslose Authentizität eine enorme Anziehungskraft.

In der Schuldfrage bezieht er eine klare und umstrittene Position. Krakauer kritisierte vor allem den Russen Anatoli Boukreev, der als Führer zum "Mountain Madness"-Team von Scott Fischer gehörte. Unbestritten ist, dass Boukreev in jener Nacht mehreren Menschen das Leben rettete, als diese in einem Schneesturm zu erfrieren drohten. Dafür wurde er später ausgezeichnet. Allerdings weigerte er sich zuvor, beim Aufstieg künstlichen Sauerstoff zu benutzen. Laut Krakauer habe er deshalb seiner eigentlichen Aufgabe, den Kunden beim Abstieg zu helfen, nur unzureichend nachkommen können und damit zum allgemeinen Chaos beigetragen.

In seinem Nachwort geht Krakauer auf den monatelangen und in der Öffentlichkeit ausgetragenen Streit mit Boukreev ein. Auch andere Kritiker an seiner Version lässt er zu Wort kommen. Zwar dürfte auch "In eisigen Höhen" nur einen subjektiven Ausschnitt der Wahrheit vermitteln, es kommt den tatsächlichen Geschehnissen aber zweifellos am nächsten.

 

"Der Gipfel"

 

Weil er sich in Krakauers Bericht falsch dargestellt fühlte, veröffentlichte Boukreev gemeinsam mit dem amerikanischen Journalisten G. Weston DeWalt 1997 "Der Gipfel". Darin schildert er seine Sicht der Dinge, was die Geschichte nicht weniger erschütternd macht. Mitverfasser DeWalt, der offenbar einen großen Einfluss auf Boukreev hatte, verwendet Aufnahmen von Aussagen überlebender Bergsteiger, um die Ereignisse zusammenzufügen und dem Leser zu beweisen, dass Boukreevs Rolle heroisch und nicht opportunistisch war. Diese allgegenwärtige Verteidigung stört allerdings den Lesefluss und wirkt zu gewollt. Insgesamt aber eine gute Ergänzung zu Krakauers Bericht. Kurz nach der Veröffentlichung seines Buches starb Boukreev am 25. Dezember 1997 bei einem Lawinenunglück an der Annapurna.

 

"Für tot erklärt"

 

Auch der amerikanische Arzt Beck Weathers nahm an der berühmten Expedition teil. Im Film wird er von Josh Brolin gespielt. Sein Buch "Für tot erklärt. Meine Rückkehr vom Mount Everest" unterscheidet sich von Krakauers und Boukreevs Werken, weil es über die reine Expedition hinausgeht und zu weiten Teilen eher eine Biografie ist. Alleine wegen der unglaublichen Geschichte, die Weathers auf den ersten knapp 100 Seiten schildert, lohnt es sich aber trotzdem.

Der Texaner musste den Aufstieg 400 Meter unterhalb des Gipfels abbrechen, weil er wegen Hornhautproblemen kaum mehr etwas sehen konnte. Er einigte sich mit Bergführer Rob Hall, auf dessen Rückkehr vom Gipfel zu warten und dann gemeinsam mit ihm ins Hochlager abzusteigen. Das war gegen 7.30 Uhr morgens. Was beide nicht wissen konnten: Hall würde es nie mehr bis zu Weathers zurückschaffen. Nachdem er zehn Stunden vergeblich bei minus 30 Grad auf seinen Bergführer gewartet hatte, machte er sich mit anderen Bergsteigern daran, abzusteigen. Völlig erschöpft, beinahe blind und mit einem furchtbaren Sturm im Rücken.

Die Gruppe, mit der unterwegs war, teilte sich. Während die einen Hilfe holen wollten, blieb Weathers mit vier anderen Expeditionsteilnehmern, unter anderem mit der Japanerin Yasuko Namba, zurück. Drei von ihnen wurden noch in der Nacht von Boukreev gerettet. Weathers und Namba aber wurden, in der Annahme, man könne ihnen nicht mehr helfen, liegengelassen. Sie wurden am nächsten Morgen von einem anderen Bergsteiger, einem Kardiologen, der zu ihnen hinaufgestiegen war, für tot erklärt. Ein Irrtum, wie sich später herausstellen sollte.

Dass Weathers es schaffte, sich selbst aufzuraffen und - trotz seiner extrem verschwommenen Sicht und Händen, die bis zu den Handgelenken erfroren waren - bis zum Hochlager 4 zu taumeln, gilt als Bergsteigerwunder. Die Beteiligten beschrieben Weathers später als eine wandelnde Leiche.

 

 

 

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