"Es wird keinen Kahlschlag geben": Bayerischer Rundfunk rechtfertigt sich nach Kritik an Kultur-Plänen

"Es ist ein Programmstrategie- und kein Sparprojekt", sagte Wilhelm zu den noch laufenden Reformüberlegungen. "Ich habe weder vor, noch ist entschieden, dass auch nur ein Euro in der Kultur gespart wird."
Auch aus der Kulturbranche kam Kritik, etwa von Verlegern und vom Autorenverband Pen Berlin. Befürchtet wird, dass zum Beispiel die Radio-Büchersendung "Diwan" sowie das Kulturmagazin "Kulturwelt" oder die „Radiotexte“ mit Lesungen wegfallen könnten.
BR-Kultur-Chef Björn Wilhelm relativiert Kahlschlag: "Wollen Primetime mit mehr Kultur stärken"
"Es wird keinen Kahlschlag geben“, sagte Wilhelm. "Wir kürzen keine Inhalte." Zum Teil sollen Kulturinhalte aus Spezialsendungen mit wenig Publikum in sehr stark gehörte Programme etwa am Morgen verlagert werden. "Wir wollen die Primetime mit mehr Kultur stärken." Dass die bislang in der Primetime liegende tägliche Kultursendung "Kulturwelt" (8.30 Uhr bis 9 Uhr) in der verlängerten "Radiowelt" aufgelöst wird, erwähnt Wilhelm nicht extra.
Auch für den "Diwan", die "Radiotexte", die "Filmwelt" und das "Kulturjournal" ist im bislang angedachten, neuen Programmschema, das der AZ vorliegt, kein Platz mehr. Dagegen richtete sich der Protest der Buchhändler und Verleger in der AZ. Eine gezielte, konzentrierte Information über das kulturelle Geschehen wird es dann bei Bayern 2 im linearen Hörfunk nicht mehr in der bislang gewohnten Form geben. Aber es ist theoretisch natürlich denkbar, das Menschen, die stundenlang Radio hören, dann auch auf eine ähnliche Anzahl kultureller Beiträge stoßen könnten wie bislang.
Nicht nur der BR: Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks suchen nach Sparpotenzialen
Das Programmangebot und die Finanzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ganz Deutschland werden derzeit heftig diskutiert. Alle ARD-Häuser befinden sich in einem größeren Reformprozess, bei dem auch nach Synergien im Programm gesucht wird. Die Anstalten wollen Geld, angeblich insgesamt rund 250 Millionen Euro in den linearen, also fortlaufenden, Programmangeboten freischaufeln, um ins Digitale zu investieren.
Dort hoffen sie, auch mehr jüngere Leute zu erreichen. Der Altersschnitt des Publikums im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist vergleichsweise hoch.
Für die BR-Reformen sagte Wilhelm: "Es ist unser komplettes Angebot, das wir überprüfen und weiterentwickeln."
In den Kernzeiten des klassischen Radios und Fernsehens wolle man stark sein. Zugleich würden bei nicht so hoher Nutzung im linearen Hörfunk und TV die Mittel sehr kritisch angeschaut und überlegt, ob man digitale Produkte schaffen könne.
Ex-Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP): Der BR spart an der falschen Stelle
"In diesem Prozess können sich Formate und Inhalte ändern", so Wilhelm. Der BR müsse sich ums Digitale und auch um das jüngere Publikum kümmern. "Es geht auch um Generationengerechtigkeit." Dafür werden nun die älteren, treuen Hörer vom "Diwan" gestoßen.

Gestern meldete sich auch die FDP zu Wort: Wolfgang Heubisch, ehemaliger bayerischer Kunstminister und kulturpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag schrieb in einem Statement: "Ich bin entsetzt, dass ausgerechnet bei der Kultur der Rotstift angesetzt wird. Die Literatursendungen, die jetzt gestrichen werden, sind zentraler Teil des Kulturauftrags des Bayerischen Rundfunks. Ein Alleinstellungsmerkmal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es ist richtig, dass der BR sparen muss, doch nicht an der falschen Stelle."
BR-Rundfunkrat Helmut Markwort: "Ich kann keinen zielgerichteten Sparwillen erkennen"
Sein Parteikollege Helmut Markwort, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion fügte hinzu: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist der teuerste der Welt. Aber nur rund 40 Prozent der Gelder fließen in die Ausgestaltung des Programms."

Der Medienmacher führte aus: "Wenn es der BR ernst meinte mit dem Sparen, dann würde er nicht zuerst bei der Kultur sparen, sondern bei Verwaltung und Technik. Ich kann hier keinen echten und zielgerichteten Sparwillen erkennen. Der Rotstift gehört woanders angesetzt. Die Sparmaßnahmen dürfen nicht zulasten der Beitragszahler gehen."
Helmut Markwort kann seiner Kritik ja Taten folgen lassen: Er sitzt im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks.