Eroberung des Raums
Beeindruckender Tanz am Gärtnerplatz: „Körpersprachen III“ sorgt für einen aufregenden Theaterabend
Hans Henning Paar, Tanzchef am Gärtnerplatztheater, hat einen Volltreffer gelandet. Der zukünftige Chef des Zürcher Balletts überließ ihm seine 2007 entstandene Choreographie „Sleepers Chamber“. Vielleicht hatte ja auch Noch-Intendant Ulrich Peters seine Hände im Spiel, denn das Stück war vor einiger Zeit auch schon in Augsburg zu sehen, der einstigen Wirkungsstätte des Gärtnerplatz-Prinzipals. Sei’s drum. Für das TanzTheater München ist es eine Bereicherung. Denn Christian Spuck (40) zeigt in diesen gut zwanzig Minuten einmal mehr, dass er zu den bedeutendsten deutschen Choreographen zählt.
Als sich der Vorhang öffnet, liegen die Akteure verstreut auf der Bühne. Offenkundig verstecken sie sich. Langsam beginnen sie, sich neu zu formieren. Die „Schläfer“, wie man sie etwa in der Natur unter den Insekten findet, haben es dem Choreographen angetan. Spuck zeigt die Eroberung des Raums in klar abgezirkelten Bewegungen, grotesk, mit skurrilem Hang zu pantomimischer Andeutung.
Barocke Floskeln fantasievoll verfremdet
Das ist spannend und kurzweilig, nicht nur wegen der beachtlichen Qualitäten der Tänzerinnen und Tänzer. Auch Martin Donners Musik lässt sich anstecken, verfremdet barocke Floskeln fantasievoll hinter zeitgemäßer Fassade und organisiert sich auf diese Weise – wie das Bühnengeschehen – immer wieder neu.
Ganz anders das zweite Stück: „Everything“ von Gustavo Ramirez Sansano begnügt sich mit einer weiteren Variante des Zueinanderfindens der Geschlechter. Doch in keinem Moment ist ein Happy End in Sicht. Die Bewegungen bleiben eckig und ängstlich. Und auch die Musik von Philip Glass macht nicht wirklich glücklich. Eine Melancholie-Dusche, und trotzdem: „Körpersprachen III“ ist ein Abend, der sich lohnt. Nicht nur für die hart gesottenen Fans, die wie immer auch diese Tanz-Premiere am Gärtnerplatz laut johlend bejubelten.
Volker Boser
Wieder am 14. und 29. Juli Karten unter Tel. 2185-1960