Empfindsam durchs Phongewitter
Im Prinzregententheater beeindruckt Michael Volle mit Liedern von Schubert und Loewe
Wahrscheinlich juckt’s ihn dauernd in den Beinen. Trotz Knie-Operation. Aber Michael Volle ist einfach ein Bühnenviech, mit Haut und Haar muss er umsetzen, was er da auf dem Notenblatt hat. Und man könnte ihn vermutlich festschnallen, in eine Rüstung zwängen – immer noch würden sich Stirnfalten kräuseln, die Mundwinkel ihr schräges Spielchen treiben, könnte nur ein kurzer Augenaufschlag ganze Geschichten erzählen.
Natürlich darf sich dieser Bariton solchen Finessen hingeben. Während andere aufs Formen ihrer Töne fixiert sind, scheint es Volle noch im Fortissimo wie selbstverständlich aus der Kehle zu fließen. Und tatsächlich braucht man (fast wie bei René Pape) ein paar Minuten, um sich an diese Stimmkraft zu gewöhnen: Donnernd trotzt der hadernde „Prometheus” seinem Gott und lässt im prall gefüllten Prinzregententheater die Wände mächtig wackeln. Um nach weiteren Schubert-Brocken („Ganymed”) – und derer gibt es viele an diesem Abend – in stillere, sanftere Gefilde zu wechseln.
Vielsagende Blicke
Für kurze Etappen, sicher, Volle muss sich meistens bremsen, aber noch im heftigsten Phongewitter gestaltet er klug, empfindsam, immer schlüssig. Der endlos gehörte „Erlkönig” klingt packend wie lange nicht, und wenn Helmut Deutsch, die sicherste Bank am Lied-Flügel überhaupt, vor der Todesvermeldung den Tastensturm in ein fahles Nichts fallen lässt, sind beide tief unter der Haut ihrer Hörer.
Jedes Wort versteht man, kaum einer blättert im Programm, nicht einmal während der zwei, drei weniger geläufigen Balladen Carl Loewes. Selbst in der schwer goutierbaren „Heerschau“ und beim „Gefangenen Admiral“ findet Volle den Reiz – wenn nicht im Text, so doch im feinen Changieren des Klangs. Und garniert’s mit beredten Blicken. Bei der Marketenderin, auf die der Trompeter spitzt („Prinz Eugen“). Oder beim umwerfenden Reimer „Tom“.
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