Eklat zum Jubiläum
10 Jahre Deutscher Fernsehpreis: Marcel Reich-Ranicki lehnt seinen Ehrenpreis ab und kritisiert die Gala scharf.
Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki hat am Samstagabend bei der 10. Verleihung des Deutschen Fernsehpreises für einen Eklat gesorgt: Der 88-Jährige lehnte überraschend den Ehrenpreis der Stifter ab, der ihm bei der Gala in Köln verliehen werden sollte. „Ich nehme diesen Preis nicht an“, sagte er vor mehreren hundert geladenen Gästen in grantelndem Ton. „Ich habe nicht gewusst, was mich hier erwartet.“ Moderator Thomas Gottschalk hatte Reich-Ranicki in seiner Laudatio als einen faszinierenden Menschen gewürdigt, der Großes für das Fernsehen geleistet und Großes gesagt habe. Dennoch wies der 88-Jährige die Auszeichnung für sein Wirken zurück. „Ich finde es auch schlimm, dass ich das erleben musste“, sagte er über die Preisverleihung. Es habe früher bei Arte gute Sendungen gegeben - anders als „der Blödsinn, den wir hier zu sehen bekommen haben“. Die drei Stunden in Köln seien „überflüssig“ gewesen.
Gottschalk sagte nach der Sendung, er habe noch während der Gala im Kölner Coloneum die Idee gehabt, die Ehrung für Reich-Ranicki entgegen dem Ablaufplan vorzuziehen, weil er gemerkt habe, dass der Literaturkritiker unruhig wurde. Als Gegenleistung dafür, dass Reich- Ranicki den Preis dann doch annehmen sollte, bot ihm Gottschalk an, eine „gemeinsame Sendung mit ihm und einigen TV-Verantwortlichen zu machen“. Reich-Ranicki äußerte Zustimmung, nahm den Preis dennoch nicht entgegen.
Eine Sendung zur Besänftigung?
Das ZDF reagierte prompt: Ein Sendungskonzept soll bei einer Zusage des Kritikers bald erarbeitet werden, verkündeten die Mainzer schon am nächsten Morgen. ZDF-Intendant Markus Schächter nannte den Auftritt Reich-Ranickis in der Nacht zu Sonntag eine „Sternstunde“ des Fernsehens, der ehemalige RTL-Geschäftsführer Helmut Thoma bezeichnete das Geschehen als „pure Comedy“, ZDF-Talker und -Entertainer Markus Lanz ordnete das unter den 1500 Gästen für Aufregung sorgende Ereignis als „Folklore“ ein. Der Rest der Veranstaltung rückte nach Reich-Ranickis Auftritt in den Schatten.
Als beste Schauspieler wurden Veronica Ferres und Misel Maticevic mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Ferres erhielt die Auszeichnung für „Die Frau vom Checkpoint Charlie“ (ARD) und bedankte sich sichtlich bewegt. „Aller guten Dinge sind drei“, sagte sie in ihrer Rede – sie war zuvor bereits zwei Mal für den Deutschen Fernsehpreis nominiert gewesen. „Dass das heute klappt, freut mich wahnsinnig.“
Der Preis für die Beste Show ging an den RTL-Dauerbrenner „Deutschland sucht den Superstar: Die Motto-Shows“, der bereits fünf Staffeln lang etliche Millionen Zuschauer vor die Bildschirme gezogen hat. „Wir machen nächstes Jahr weiter“, kündigte Produzentin Ute Biernat an, Dieter Bohlen wird bekanntlich in der Jury bleiben, begleitet von den beiden Jungmünchnern Nina Eichinger und Max von Thun.
Die meisten Auszeichnungen verbuchte in diesem Jahr erstmals in der Geschichte des Fernsehpreises RTL mit neun Preisträger-Sendungen. Dahinter folgten die ARD mit sechs und das diesmal als Gastgeber auftretende ZDF mit fünf Nennungen.