Einer für alles

Helptainment mit Bobbele: In „Boris macht Schule” wird der Ex-Wimbledon-Sieger zum Robin Hood von Friedrichshain
von  Vanessa Assmann

Am Wochenende hat Boris Becker noch mit Sebastian Vettel dessen Sieg beim Formel 1-Rennen in Monte Carlo gefeiert. Doch jetzt will er zeigen, dass er auch unglamouröser kann: In „Boris macht Schule” ist der ehemalige Tennisprofi jetzt als Robin Hood vom Kiez zu sehen. Mit Haupt- und Realschülern renoviert er die Georg-Weerth-Oberschule im Berliner Bezirk Friedrichshain.

„Helptainment” nennt man diese Kombination aus Unterhaltung und Engagement für eine gute Sache. Gleichzeitig ist es eine Boris-Show über eineinhalb Stunden: Es ist kein Geheimnis, wie gerne der Wimbledon-Star sich selbst vor der Kamera vermarktet.

TV, so scheint es, macht dem 43-Jährigen mindestens so viel Spaß wie Tennis. Bei SAT.1 kommentierte er Mitte der Neunziger für „ranissimo”, es folgten Auftritte als Kommentator und Moderator für Premiere und das DSF, in Großbritannien auch für die BBC. Boris, der Strahlemann.

Wofür sich Becker berufen fühlt, scheint aber nicht immer das zu sein, was die Zuschauer wollen. Die DSF-Talkshow „Becker 1:1” wurde nach elf Ausgaben eingestellt. Seine Interviewtechnik ist eben nicht so ausgefeilt wie sein Serve and Volley-Spiel. Auch als sich Boris 2006 beim DSF als Quizmaster im „Sofaduell” versuchte, blieben die Quoten hinter den Erwartungen des Senders zurück.

„Auf du und du mit den großen Helden des Sport” wurde später die Reportagereihe „Becker exklusiv” von Premiere beworben. Überhaupt plauderte Becker immer gerne, zum Beispiel bei „Boris Becker meets...”, wo Verona Pooth über ihre Ehe und die Insolvenz ihres Mannes sprach.

Längst hat Becker die Zügel bei seiner Vermarktung selbst in die Hand genommen, ob als Poker-Star oder Werbefigur. Auf Boris-Becker-TV stellt er eigene Videos und Berichte online. Mal begleitet die Kamera Lilly ins Spielzimmer von Amadeus, mal ist sie bei Boris am Krankenbett, wo er ein Tennisspiel kommentiert. Becker hat immer etwas zu sagen. 

Das merkt man auch dem neuen Format „Boris macht Schule” an. Becker tritt nicht nur als lässiger Helfer in Jeans, brauner Lederjacke und mit Drei-Tage-Bart an, er ist gleichzeitig Mediator, Moderator und Menschenkenner. Freilich ist die Situation an der Oberschule nur so gespickt mit Problemen. Graffitis an der Schulmauer, in den Klassenzimmern lärmende, abgelenkte Schüler und überforderte Lehrer: Er wähnt sich im „tiefsten Ghetto”.

Während die Oberschule Stück für Stück renoviert wird, löst Becker auch Konflikte unter den Jugendlichen. „Als Vater von vier Kindern liegt mir das Projekt sehr am Herzen”, sagt Becker über sein Engagement.

Als Coolios „Gangster’s Paradise” aus dem „Dangerous Minds”-Soundtrack eingespielt wird, ist klar: Boris Becker ist die Michelle Pfeifer des deutschen Fernsehens. Sie hatte in den Neunzigern eine Lehrerin gespielt, die ihre Problemschule wieder in den Griff bekommt. Das bekommt auch Bobbele hin.

Heute, 20.15 Uhr, Kabel 1

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