Einer, der es gut meint

Vom konservativen Streiter für die CDU zum Kritiker des Irak- und Afghanistan-Kriegs: Heute wird Jürgen Todenhöfer 70 Jahre alt und veröffentlicht ein Buch voller Lebensweisheiten
von  Abendzeitung

Vom konservativen Streiter für die CDU zum Kritiker des Irak- und Afghanistan-Kriegs: Heute wird Jürgen Todenhöfer 70 Jahre alt und veröffentlicht ein Buch voller Lebensweisheiten

Es war schon immer eine Stärke, seine Schwächen zuzugeben. Strategisch klug könnte man das auch nennen. Denn was können die Gegner noch entgegensetzen, wenn man selbst Asche auf sein Haupt schüttet? „Niemand braucht mich zu überführen. Ich gestehe es auch so. Ich war und bin ein Sünder“, meint Jürgen Todenhöfer in seinem neuen Buch „Teile Dein Glück und du veränderst die Welt“. Ein Titel, der verrät, dass der einstige CDU-Scharfmacher und ehemals stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes von Hubert Burda Media nach langer Politiker- und Manager-Karriere den Blick auf das große Ganze lenkt, vielleicht auch im Angesicht des 70. Geburtstags, den Todenhöfer heute feiert.

Über 20 Jahre lang hat er Lebensweisheiten für seine drei Kinder aufgeschrieben, die, als sie das Kompendium vorgelegt bekamen, ihm eine Veröffentlichung ans Herz legten. Der Bertelsmann-Verlag wiederum schlug ihm vor, die Aphorismen mit Anekdoten anzureichern. Das Buch führt nun „von den Bombennächten 1944 in Hanau bis zur Bombennacht 2009 im afghanischen Kunduz, vom ersten Butterbrot nach dem Krieg zu Staatsbanketts auf aller Welt“, wie Todenhöfer bei einem Pressegespräch verkündete.

Von Herbert Wehner geadelt

Als Kind suchte er während der US-Bombenangriffen nach Granatsplittern, und auch später mied er die Gefahrenzonen nicht - „Mach was aus deinen Talenten und teile dein Glück!“, lautet die Essenz seiner Moralphilosophie. Nachdem er in die Fußstapfen seines Vaters getreten war und 1972 Richter am Landgericht Kaiserlautern wurde, begab er sich aufs politische Parkett. Als entwicklungs- und rüstungskontrollpolitischer Sprecher der Unionfraktion ab den späten Siebzigern vertrat er stark konservative Ansichten, die ihm mitunter viel Kritik einbrachten. Die Namensverhunzung „Hodentöter“ verpasste ihm SPD-Gegenpart Herbert Wehner, nachdem Todenhöfer sich kritisch gegenüber der südafrikanischen Freiheitsbewegung ANC äußerte. Auch ein Besuch bei Augusto Pinochet 1975 wurde ihm übel genommen. Im Buch erklärt er dazu, dass er den chilenischen Diktator um die Freilassung politischer Gefangener bat – was nach einigen Monaten dann auch geschah.

Als Argument vor Pinochet brachte er Friedrich den Großen ins Spiel, der mit seinen Feinden ebenfalls „ehrenhaft und ritterlich“ umging. Tödenhöfer setzt sich auch in seinem Buch für die „alten“ Tugenden ein, bietet am Ende eigens zusammengestellte Tugendtafeln zum Studium an. Das klingt nach den gut gemeinten Ratschlägen eines Moralapostels, aber immerhin ließ er auch immer wieder auf Worte Taten folgen: Seine Kritik am Irak- und Afghanistan-Krieg fundiert auf zahlreichen riskanten Reisen in die Krisengebiete, besonders berührt zeigt er sich von einem Afghanistan-Besuch 2009, bei dem ihm zwei Waisenkinder trotz völliger Armut eine Ziege als Abschiedsgeschenk machen.

Todenhöfer ist sozial äußerst engagiert, ein Großteil seines Vermögens liegt in Stiftungen, etwa eine, die sich um Multiple-Sklerose-Kranke in Not kümmert und von seiner Tochter Nathalie, ebenfalls an MS erkrankt, geleitet wird. Nicht der Reichtum bringe das Glück, erklärt Todenhöfer, sondern die kleinen Dinge – „das kann schon ein Lächeln sein“, und auch wenn solche und andere Lehren seines Buches naiv und alles andere als neu erscheinen, glaubt man ihm das Gutmenschentum aufs Wort. Sein Glück hat sich Todenhöfer redlich verdient.

Michael Stadler

Jürgen Todenhöfer: „Teile dein Glück und du veränderst die Welt“ (Bertelsmann, 280 Seiten, 18,99 Euro)

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