Eine Wanne Wahnsinn

Die Badewanne kann mehr sein kann als ein bürgerliches Planschbecken, sofern die Ente raus und der Astralkörper rein kommt. Die Show „Soap“ hat Premiere im Deutschen Theater.
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Die Badewanne kann mehr sein kann als ein bürgerliches Planschbecken, sofern die Ente raus und der Astralkörper rein kommt. Die Show „Soap“ hat Premiere im Deutschen Theater.

Die Ente bleibt draußen! Um einen letzten Rest Intimität in der Badewanne kämpfte Herr Müller-Lüdenscheid, Loriots Knollennasenmann mit Waschbedarf, und er hat wohl Recht, gehört doch eine Ente nicht ins Wasser, sondern in die Luft.

Ab kommenden Donnerstag darf sie schweben, an einem Seilzug mit dem Komiker Collin Collins in der Show „Soap“ im Deutschen Theater. „Die Wanne ist ja eigentlich ein Ort des Rückzugs“, meint Markus Pabst, der mit Maximilian Rambaek die Seifen-Sause inszeniert. „Dort sind die Leute nackt, sind sie selber, singen, weil die Akustik gut ist.“ Die Oase der Entspannung verwandelt das Duo in einen Schauplatz atemraubender artistischer, auch witziger Nummern, die nicht durch eine Handlung, aber den Spielort lose verbunden sind. In und auf sechs Badewannen sowie drumherum geben neun waschechte Künstler Kostproben ihres Könnens.

Der von Rambaek in Berlin entdeckte Akrobatik-Schüler Florian Zumkehr stellt die Funktion der Badewanne buchstäblich auf den Kopf, macht aus ihr einen Barren, auf dem er Handstände und wilde Drehungen vollführt. Luftakrobat Sam Alvarez hangelt sich waghalsig in Ketten über dem Mini-Schwimmbecken. Antipodistin Nata Galkina jongliert, die Beine aus der Wanne gestreckt, mit den Füßen. Und Schlangenfrau Marjorie Nantel dehnt ihren Körper wie einen Duschschlauch in die unmöglichsten Positionen: „Aus der Idee der Körperpflege haben wir mit Nantel diese Routine erarbeitet“, erzählt Maximilian Rambaek: „Am Anfang lackiert sie sich filigran die Fingernägel, bis sie an dem Geruch Gefallen findet und in eine Kontorsionsnummer abdriftet.“

Die Showelemente seien auf die Charaktere der Akrobaten abgestimmt: „Es gibt einen Trend in der Showbranche, allen die Gesichter wegzunehmen“, stellt Pabst fest. „In Shows wie Blue Man Group kann man die Leute schnell ersetzen, weil sie Maske tragen. Ein Produzent würde am liebsten jede Produktion in acht oder mehr Städten gleichzeitig spielen – was ja auch passiert. Dabei wollen die Leute wieder Typen sehen.“ Vor den Münchner Gastspielen wurde „Soap“ 14 Monate lang erfolgreich im lauschigen Berliner „Chamäleon“ gezeigt, der Name passt zum changierenden Charakter der Show, die wegen ihrer individuellen Ausrichtung immer wieder ihr Gesicht verändert. Die Akrobaten können auch nach einiger Zeit in anderen Shows spielen, „sie sollen hier nicht zu soapig werden“, meint Pabst. Das führt zu häufigen Neubesetzungen und neuen, an der Persönlichkeit orientierten Nummern. Der äthiopische Jongleur Girma Tsehai ist der einzige, der wirklich jede Show durchgespielt hat. Bis zu sieben Bälle hält er im Dialog mit der Wanne in Bewegung, eine rhythmische Glanzleistung.

In „Soap“ ist Musik drin, den Evergreen „Pack’ die Badehose ein“ von Conny Froboess variiert Mezzosopranistin Lina Navakaite, packt den Hit als wiederkehrendes Leitmotiv in verschiedene Arienkleider, nach der Musik von Rimski-Korsakow, Mozart oder den Beatles. Die Kabinettstückchen der Artisten werden mit Heavy Metal, Pop oder, für eine gemeinsame Wannen-Choreografie, mit Gnarls Barkleys „Crazy“ unterlegt. Ein verrücktes Ding also, seifig, spritzig, sexy, eine Show wie eine frische Dusche, hygienisch wertvoll, mit der Lehre, dass die Badewanne mehr sein kann als ein bürgerliches Planschbecken und die Ente raus, der Astralkörper rein muss. Michael Stadler

Premiere am Donnerstag, 20 Uhr, bis 18. Mai, Di bis Sa, 20 Uhr, So 19 Uhr, Tel. 55 23 44 44

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