Eine Nische für das Böse
Das ZDF hat endgültig einen Sendeplatz für europäische Krimi-Juwelen. Ex-„Profi“ Martin Shaw ermittelt als „George Gently – der Unbestechliche “ ab Sonntagabend
Am Sonntagabend, wenn Deutschland Krimi schaut, ist der ARD-„Tatort“ der „übliche Verdächtige“. Die Überraschungsmomente gibt’s aber oft beim ZDF. Die nächsten drei Sonntage zeigen die Mainzer wieder, wie man international Spannung macht – diesmal mit der bemerkenswerten BBC-Produktion „George Gently – der Unbestechliche“. Eine würdige Wahl für den Sendeplatz 22 Uhr, seit vielen Jahren die ZDF-Nische für das gut gemachte Böse.
Vom Namen über den Titel bis zu den Storys: Es klingt alles recht klischeehaft bei „George Gently“. Aber in der Produktion von 2005 um einen knorrigen Provinzkommissar beweisen die Briten, dass sie die besten Krimi-Erzähler am TV-Schirm sind.
Im spießigen Britannien der frühen Sechziger fahren schrullige englische Autos durch sattgrüne Landschaften. Dort finden der Kommissar der Londoner Metropolitan Police (Martin Shaw) und sein smart-vorlauter Sergeant John Bacchus (Lee Ingleby) Leichen und am Ende Täter. Martin Shaw dürfte den deutschen Zuschauern bekannt vorkommen, ermittelte er doch schon in der 70er-Jahre-Kultserie „Die Profis“.
Autor Peter Flannery und Regisseur Euros Lyn erzählen reichlich komplizierte Fälle. Und sie zeichnen bestechende Sittenbilder von provinzieller Enge und Spießigkeit in einem Land, das seiner kolonialen Größe nachtrauert. Offener Schwulenhass, rebellische Jugend in den ersten Beatclubs und zerfallende Autoritäten lassen ahnen, warum „Achtundsechzig“ kommen musste.
„Der Sonntagabend ist für uns Platz für mutiges Programm“, sagt Klaus Bassiner, der in Mainz die Inhalte für die Nische verantwortet. „Begonnen hat das mit ,Für alle Fälle Fitz’“. Der dicke, spielsüchtige Kriminalpsychologe (Robbie Coltrane) war 1995/96 eim Bombenerfolg und ist Urvater aller Profiler-Serien. „Wir suchen das Ungewöhnliche“, sagt Bassiner, „und die Quote gibt uns recht.“ 16 Prozent Marktanteil, bis vier Millionen sehen sich „Kommissar Beck“, „Hautnah“ oder „Inspektor Barnaby“ an. „Ich bin Fan von europäischen Krimis“, sagt Bassiner, „die meisten Produktionen haben Romanvorlagen.“
Schon öfter haben Zuschauer, die sich nicht vom Will-Christiansen-Geplapper die Welt erklären lassen wollten, im ZDF echte Perlen gefunden. Vergangenen Herbst zwang „Kommissarin Lund“ eine kleine, aber eingeschworene Fan-Gemeinde geschlagene zehn Sonntage hintereinander vor die Glotze – bis die zierliche Ermittlerin endlich den Mörder eines Kopenhagener Teenagers gestellt hatte.
„Wir riskieren immer etwas“, sagt Bassiner, „auch in Zukunft.“ Von den Machern der Lund-Reihe kommen im Herbst eine Serie über Personenschützer („Protectors“) und Verfilmungen von Fred-Vargas-Krimis. Bassiner: „Unser Feinschmecker-Publikum kann sich freuen.“
Matthias Maus
Sonntags, 22 Uhr, ZDF