Eine melancholische Komödie der Eitelkeit
Musical-Glück: „My fair Lady“ im Fröttmaninger Ausweichquartier des Deutschen Theaters
Ein riesiges Ohr auf der Bühne weist den Weg. Professor Higgins, Philologe und Phonetiker, kennt kein Pardon: „Du fleischgewordene Beleidigung deiner Muttersprache!“ schnauzt er das Blumenmädchen Eliza Doolittle an. Und lässt sich dann doch auf eine Wette ein: In einem halben Jahr will er aus der liebenswerten Göre eine feine Dame der Gesellschaft machen. Es gelingt. Das Happy End zwischen den beiden dürfte allerdings kaum Aussicht auf Erfolg haben.
Zumindest nicht, wenn es nach dem Willen des Regisseurs geht. Peter Lund hat diese deutschen Wiederaufnahme des Erfolgs-Musicals „My fair Lady“ von Alan Jay Lerner (Buch) und Frederick Loewe (Musik) als eine melancholische Komödie menschlicher Eitelkeiten inszeniert, in der alle Beteiligten höchst egozentrische Ziele verfolgen. Higgins sehnt sich nach dem persönlichen Triumph. Eliza will den sozialen Aufstieg.
Rundum gelungen
Lund hat das Stück gründlich entrümpelt. Die wenigen Tanzszenen (Andrea Heil) wirken eher grotesk als virtuos. Für die Musik ist ein Orchesterchen zuständig, in dem Geige, Posaune, Harfe, eine Tuba sowie Klavier und Schlagzeug einen eher dezenten als auftrumpfenden Klangteppich ausbreiten.
Die Akteure tummeln sich darauf, je nach Stimmungslage mal schnoddrig oder cool: Daniel Morgenroth ist ein liebenswert unsympathischer Intellektuellen-Macho Higgins. Franziska Forster (Eliza) gibt sich als einfach gestricktes Mädchen aus dem Volk, das pragmatisch seinen Weg nach oben sucht. Udo Kroschwald (Alfred P. Doolittle) lässt den Proll aus dem Sack.
Dass man in London Berliner Dialekt spricht, hat mit der deutschen Übersetzung von Robert Gilbert zu tun. Immerhin: „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“, hört sich mittlerweile ebenso gut an wie das englische Original vom „Rain in Spain“. Eine rundum gelungene Aufführung.
Volker Boser
Im Fröttmaninger Zelt bis 7.12., Karten Tel. 55 23 44 44