Ein Stachel für den müden Hintern

Die Isarphilharmonie könnte die Kulturpolitik der Stadt überhaupt auf Trab bringen
Robert Braunmüller |
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Die Isarphilharmonie könnte die Kulturpolitik der Stadt auf Trab bringen

Gestern stänkerte Christian Ude bei der Klausur der Landtags-SPD gegen eine überwiegend vom Staat finanzierte Isarphilharmonie. Heute springen ihm seine Genossen bei: „Es ist bemerkenswert, wie die Staatsregierung bei der Stadt um Geld für die zweite Stammstrecke bettelt”, findet Hans-Ulrich Pfaffmann. „Anderseits will Seehofer Millionen für einen neuen Konzertsaal bereitstellen, der nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung genutzt wird.”

Münchens SPD-Vorsitzender plädiert dafür, die staatlichen Steuer-Mehreinnahmen in den Ausbau von Pflegeeinrichtungen, Schulen und Sportstätten zu investieren. Und dann folgt das auch vom Oberbürgermeister gebetsmühlenartig vorgetragene Totschlags-Argument: Die Münchner Philharmoniker seien trotz der angeblich schlechten Gasteig-Akustik eines der besten Orchester der Welt. Nur ein paar „feinsinnigen Musikkennern” reiche dieser Saal nicht aus.

Natürlich ist Kunst immer Luxus. Aber kein Luxus wäre es, wenn die SPD die Debatte kulturpolitisch etwas sachkundiger führen würde: Es gibt in München außer den städtischen Philharmonikern auch noch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das in einen Um- oder Neubau an der Stelle des Kongresssaals am Deutschen Museum einziehen würde. Wessen Weltkenntnis über den Oberanger hinausreicht, ahnt auch, dass der Klangkörper dem Orchester der Stadt derzeit künstlerisch überlegen ist.

Ein neuer Saal würde diesen Abstand weiter vergrößern. Die Philharmoniker müssten mit ihren treuen Abonnenten im muffigen Gasteig vor sich hinaltern. Ein neuer Saal würde, wie überall sonst in der Welt auch, ein jüngeres, neues Publikum anlocken. Die Internet-Aktivitäten der Berliner Philharmoniker oder des San Francisco Symphony Orchestra geben eine Ahnung davon, welche neue Qualität die Präsentation klassischer Musik vom Bayerischen Rundfunk in der technisch hochgerüsteten Isarphilharmonie erreichen könnte.

Ude und seine Genossen wollen das nicht wahrhaben. Sie halten Klassik für eine sterbende Kunst und wollen deshalb nicht viel mehr als die bis 2030 ohnehin fälligen 75 Millionen Leasingraten in den Gasteig investieren. Dabei geht es nicht allein um Musik: Jubelmeldungen über Besucherrekorde verschleiern nur, dass das Kulturzentrum am Isarhochufer einschließlich der bald ganz kaputtgesparten Stadtbibliothek in die Jahre kommt.

Es wäre schön, wenn die Isarphilharmonie käme. Auch als Stachel im müden Hintern der städtischen Kulturpolitik ist sie notwendig. Aber noch schmerzt der nicht heftig genug, damit die Neinsagerei Udes und der SPD endlich aufhört.

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