Ein Patriot, der noch Liebesbriefe schreibt
Dschingis Kahn war gestern: Heute verfasst Leslie Mandoki einen Wahlkampfsong für die CDU – und produziert in seinem Tutzinger Studio mit großen Musikern seine neue Soulmates-CD „Aquarelle“
Der Weg führt nach unten, an Wänden vorbei, auf denen goldenen Schallplatten kaum mehr einen Blick auf die Tapete erlauben. Hier sind schon einige heruntergewandelt, um später mit ihren Songs in den Charts aufzusteigen: die No Angels, Engelbert, Phil Collins oder Lionel Richie. Künstler, deren Hits Leslie Mandoki draußen in Tutzing produzierte.
Er selbst sitzt an diesem Abend in seinem Aufnahmestudio am goldenen Schlagzeug und drischt auch mal mit den bloßen Händen auf die Becken. Ein kraftvoller Drummer war Mandoki schon damals, in den späten Siebzigern bei Dschingis Khan – für ihn nur die unbedeutende Schlager-Episode in einem langen Musikerleben. Denn Mandoki hat hohe Ansprüche und wird diesen mit seinen heutigen Bandkollegen, die um ihn herum jammen, auch gerecht. Soulmates, Seelenverwandte nennt er Stars wie den Gitarristen Al di Meola, Steve Lukather, großartige Bläser wie Trompeter Randy Brecker, Saxofonist Bill Evans oder John Helliwell von Supertramp. Sie sitzen in dem weitflächigen Aufnahmeraum und proben für das Release-Konzert der neuen, fünften Soulmates-CD mit dem malerischen Titel „Aquarelle“. Heute wird das Album live in Berlin vorgestellt, ein reifes Werk voll rockiger, auch bluesiger Stücke jenseits der 5-Minuten-Grenze.
Alpha-Tiere unter sich
Dem entspannten „Faster Than We Need“ geben sich die Soulmates im Aufnahmestudio hin. Auf Monitoren kann man ihre Einsätze mitlesen. Al, Luke, Randy, Bill und John sollen über eine längere Strecke improvisieren, und so weben sie ihre präzisen Soli ein, spielen lässig den Ball hin und her. Man versteht sich.
„Das ist das Schöne an Alpha-Tieren“, meint Mandoki später. „Die wissen, dass das Ergebnis stimmen muss.“ Streitigkeiten gebe es keine, man treffe sich morgens um 9 Uhr und probe bis in die Nacht. Dazwischen kochen die Musiker im Hause Mandoki. Ja, meint der Chef, das neue Album sei politisch. Die Ära Bush wird nachträglich durch den Wolf gedreht, eine Welt in der Krise beleuchtet. „Wenn man in jungen Jahren schon eine Diktatur an der Backe hat, dann wird man stark politisch geprägt“, erklärt der gebürtige Ungar Mandoki. 1975 waren er und Pianist Laszlo Bencker nach Österreich, dann nach Deutschland geflüchtet. Dort brachte er es weit, ähnlich wie Peter Maffay, dessen Familie aus Rumänien floh – und dessen Red-Rooster-Studios genau neben Mandoki in Tutzing liegen.
Das Land braucht Lösungen und keinen Populismus
Die Exilanten eint das politische Engagement – nicht unbedingt in gleicher Richtung. Mandoki hat den aktuellen Wahlkampf-Song der CDU geschrieben: „Ich halte Frau Merkel für einen Glücksfall für die Nation. Wenn ich etwas tun kann, dass Herr Gysi und Herr Lafontaine nicht in die Nähe der Macht kommen, dann ist das meine patriotische Pflicht. Das Land braucht Lösungen und nicht billigsten Populismus.“ Der 56-jährige Mandoki liebt Traditionen: In seinem Studio wird nur analog aufgenommen. „Eine bessere Audio-Qualität gibt es nicht. Und es limitiert dich: Du musst mit dem Herzen dabei sein!“ Heutzutage würde man Frauen Liebeserklärungen per SMS schicken – „wir haben mit unserer neuen CD einen handgeschriebenen Liebesbrief mit nicht zu bändigender Daseinslust verfasst.“
Mandoki ist unruhig, lässt sich nochmal vor seinem Analog-Pult ablichten, um dann zu seinen Soulmates zurückzukehren. Der Gast kann gehen, nochmal an den goldenen Platten vorbei, den Trophäen eines leidenschaftlichen Jägers.
Michael Stadler
Mandoki Soulmates: „Aquarelle“ (NEO/Red Rock)
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