Ein Mädchen in Louisiana

Sogar die am Ende die Insekten singen ihr flirrendes Lied: Scarlett Johansson wagt mit ihrem Album „Anywhere I Lay My Head“ eine Hommage an Tom Waits.
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Sogar die am Ende die Insekten singen ihr flirrendes Lied: Scarlett Johansson wagt mit ihrem Album „Anywhere I Lay My Head“ eine Hommage an Tom Waits.

Wenn Tom Waits Geschichten aus seinen scheppernden Stimmbändern zupft, wenden sich ihm die Katzenohren zu. Eine Kalimba klappert. Eine einsame Gitarre. „Green Gras“. Rechts, links, oben, unten beginnt es zu vibrieren, rauschen, zischen. Irgendwo im Hintergrund geht die Stimme eines erwachsenen Mädchens spazieren. Scarlett Johansson hat mit „Anywhere I Lay My Head“ eine Hommage an Tom Waits aufgenommen.

David Andrew Sitek ist Gitarrist bei TV On The Radio, Jaleel Bunton sitzt für die Band am Schlagzeug und sogar Sänger Tunde Adebimpe schaut vorbei. Und das hört man. Eine Wall Of Sound schiebt dieses Album vor sich her, und hinter ihr wohnt der Soul. Tom Waits wird in einen neogotischen, tiefurbanen Sample-Noise-Sound übersetzt. Dafür hat sich die Band allerdings nicht in New York, sondern weit draußen, in Louisiana, zur Aufnahme niedergelassen.

Bei „Anywhere I Lay My Head“ singen am Ende die Insekten ihr flirrendes Lied. Sie zirpen in „Song For Jo“ ganz so, als hätte man ein Mikrofon auf auf der Fensterbank vergessen. Das Stück ist Scarletts eigener Beitrag, ein verwaschener Song, der nicht weiter auffällt. Und wie schon auf dem letzten TV On The Radio-Album lässt es sich David Bowie nicht nehmen, mit seiner Stimme im Background unverwechselbare Marken zu hinterlassen.

„I Whish I Was In New Orleans“: Eine Spieldose wird mit Hall zur Science-Fiction-Fantasie aufgepustet. Davor darf Scarletts Stimme im Hallraum wabern. Das Problem der Produktion ist, dass der Sound der Band, amorph und überlegt, mit Waits experimentiert, während Johanssons Stimme, ebenfalls amorph, aber der Not der Ausdruckslosigkeit gehorchend, durch Effektgeräte gemangelt und in den Hintergrund gemogelt wird.

„I Don’t Wanna Grow Up" ist eine Retro-Disco-Nummer mit gut gearbeiteten, leicht gammeligen Charme. Die rostige Kunst Tom Waits in die Sprache einer modrigen Maschine zu übertragen, ist eine tatsächlich gute Idee. Weit weg vom Original, wird eine eigene Klangsprache erfunden, der ständige Vergleich mit dem Original, der meist zu Ungunsten des Covers ausfallen muss, erübrigt sich. „No One Knows I’m Gone“ nimmt Abschied mit schwebenden Klangflächen. Allein Scarletts Stimme hat nichts zu erzählen, steht einsam in der übermächtigen Kulisse. Dabei sind Songs wie „Falling Down“ durchaus ergreifende Klangwellen. Hätte Tunde Adebimpe gesungen, er hätte sich mittragen lassen. Christian Jooß

Scarlett Johansson: „Anywhere I lay My Head“ (Warner)

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