Ein komischer Pechvogel

Samstag Premiere im Cuvilliés Theater: Die Komödie „Diesseits“ von Thomas Jonigk
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Samstag Premiere im Cuvilliés Theater: Die Komödie „Diesseits“ von Thomas Jonigk

Sie war der Publikumsliebling am Residenz Theater, feierte Triumphe mit „Hedda Gabler“, „Das kunstseidene Mädchen“ und „Fräulein Else“. Weil Juliane Köhler wegen der Dreharbeiten zu ihrem ersten Film „Aimée und Jaguar“ ein paar Probentage versäumte, feuerte sie der Intendant Witt 1997. Der Film wurde zum gloriosen Start von Juliane Köhlers Leinwandkarriere, dem Theater blieb sie dennoch treu. Seit 2001 ist sie regelmäßig am Bayerischen Staatsschauspiel zu sehen. Nun spielt sie die Hauptrolle der Paula in Thomas Jonigks Stück „Diesseits", das Tina Lanik im Cuvilliés Theater inszeniert. Am Samstag ist Premiere.

AZ: Frau Köhler, in Paulas Leben geht alles schief. Sie will sich umbringen, verliert ihren Job, ist einsam, wird von ihrer erfolgreichen Schwester gedemütigt und hat einen Gehirntumor. Ziemlich viel auf einmal.

JULIANE KÖHLER: Paula ist ein echter Unglücksrabe. Jonigk hat die Figur selbst so beschrieben: „In einer bestimmten Naivität und Verzweiflung und einer ständigen Erregung und ständigem Aufbruch“. Sie fühlt sich vom Pech verfolgt und macht andere dafür verantwortlich. Sie hält ihr Leben für einen kompletten Schuss in den Ofen. Aber sie macht eine Entwicklung durch und setzt sich mit allem auseinander, auch mit dem toten Vater. Am Ende kehrt sie sich von der Familie ab und wird ganz stark. Da steht sie auch endlich zu ihrer Liebe.

Die Liebe ist ein großes Thema. In der ersten Szene begegnet sie Dietmar, der sich Knall auf Fall in sie verliebt.

Sie hat so wenig Selbstvertrauen, dass sie das einfach nicht glaubt. Er ist ein schräger Typ, der sie so mag, wie sie ist.

Später spielt sie mit Dietmar das mögliche Scheitern einer Ehe durch. Eine böse Zukunftsvision?

Nein, sie machen das ja als Spiel, wo sie sich mit Ideen übertreffen, wie’s weitergehen könnte. Sie lieben sich wirklich, aber Paula hat Angst.

Immer wieder taucht Paulas toter Vater auf, der vor genau 30 Jahren an einem Gehirntumor gestorben ist.

Paula sagt, er war ein Versager, dennoch liebt sie ihn. Er gibt ihr als einziger etwas Vertrauen. Er ist der erste, dem sie sich ein bisschen öffnet.

Beginnt da ihre Emanzipation?

Es gibt einen klaren Bruch, als die Schwester und der Schwager es übertreiben mit ihrer angeblichen Fürsorge. Da kippt es, da kehrt sie sich klar ab.

Gleich in der ersten Szene will Paula eine Apotheke überfallen, verwechselt sie aber mit einer Bank.

Das Stück hat ein sehr komisches Potenzial. Die Komik ist so absurd und vollkommen schräg, das muss man nehmen, wie es ist. Diesen irralen Humor von Jonigk mag ich wahnsinnig gerne.

Paula kann eine Nervensäge sein, hat aber auch Humor.

Ich mag an der Figur, dass sie immer wieder Hoffnung hat. Sie fällt tiefer und tiefer, fängt sich aber immer wieder. In ihrer Hoffnung, Naivität und auch Fröhlichkeit erinnert sie mich an „Das kunstseidene Mädchen", das selbst die schlimmsten Geschichten als Highlights erzählt. Paula ist neugierig und lebensdurstig, sie ist eine ganz positive Figur und hat viele Kräfte.

Arbeiten Sie derzeit an Filmprojekten?

Gerade habe ich mit Doris Dörrie eine Fernsehserie „Klimawechsel" gedreht fürs ZDF. Dörrie hat das Drehbuch geschrieben über fünf Lehrerinnen, die sich mit dem Alter auseinandersetzen. Das ist eine wahnsinnig lustige Komödie. Die sechs Folgen laufen voraussichtlich ab November. Es war meine erste Arbeit mit Doris Dörrie – einfach toll. Mit tollen Regisseuren hab ich ohnehin unglaubliches Glück.

Was kommt als nächstes?

Im Herbst ist ein Kinofilm geplant mit Hans Steinbichler. Jetzt mache ich erstmal bis September nichts und kümmere mich um meine Töchter. Zum Glück habe ich zuletzt viel in München gedreht und war lange nicht mehr weg von zu Hause. Aber das heiße Thema Frauen, Kinder, Karriere beschäftigt mich sehr, darüber habe ich sogar einen Artikel für ein Buch geschrieben.

Hat die Filmpopularität Ihr Leben verändert?

Nicht sehr. Pressemäßig halte ich mich fast militant raus aus den bunten Blättern. Ich verweigere mich komplett, das ist richtig anstrengend. Aber deshalb habe ich ein ganz normales Privatleben.

Warum waren Sie damals nicht bei der Oscar-Verleihung für „Nirgendwo in Afrika“ in Hollywood?

Aus politischen Gründen: Bush hatte am Abend zuvor begonnen, den Irak zu bombardieren. Mein Koffer war schon gepackt, samt Glitzerkleid, aber ich habe mein Ticket zerrissen. Natürlich habe ich damit nichts bewirkt.

Gabriella Lorenz

Cuvilliés Theater, 23., 25., 28. Mai, 20 Uhr, Tel.21851940

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