Ein Killer sucht Wärme
„The American“ des Fotografen Corbijn mit einem fantastischen George Clooney ist packend kühl und unamerikanisch
Man muss in diesen Film gehen, aber dabei alle Erwartungen loslassen: Schon der Kinotrailer versuchte Action-Thriller-Publikum anzulocken. Aber man erlebt die Einsamkeit eines Langstrecken-Killers, der – nach einem blutigen Fehlschlag – untertauchen muss und zunehmend merkt, dass er selbst beseitigt werden soll.
George Clooney ist „The American“, der sich in eine Gelegenheitsprostituierte (Violante Placido) verliebt und hofft, in ein bürgerliches Leben aussteigen zu können. Aber diese Option hält ein klassischer Krimi – selbst für einen geläuterten Auftragsmörder – nie bereit.
So ist „The American“ auch keine romantische Liebesgeschichte mit einem sexy-smarten Clooney. Sondern man sieht ihn eiskalt, aber unterschwellig dauer-angespannt wie einen zähen Straßenkater launernd in Italien. Aber in diesem Land blühen keine Zitronen, sondern eine frühherbstliche Herbheit hängt in den Hängen der Abruzzen und den Gassen der kleinen Städte, in denen alles still zustehen scheint.
Clooneys Fetisch: ein Präzisionsgewehr
So hat Regisseur Anton Corbijin – Grafik-Designer (CD-Cover für Depeche Mode und Herbert Grönemeyer, der die Filmmusik schrieb) und Fotograf – dem Film die leicht grünbraune Farbanmutung von 70er-JahreFilmen gegeben. Auch der Carosone-Song von 1956, „Tu Vuo Fa L’americano“, verbreitet in einer kargen Bar Nostalgie. Er erzählt von einem Italiener, der auf coolen Amerikaner macht. Nur dass es sich in Clooneys Fall witzigerweise umgekehrt verhält. Die neue Electro-Version ist gerade der Sommerhit.
„The American“ dagegen ist ein subtiler, fast wortloser, langsamer, kühler, stilisierter Kinohit. So sieht man minutenlang Clooney akribisch, fetischistisch ein Präzisionsgewehr zerlegen und wieder zusammenbauen. Man spürt seine Spannkraft, aber ahnt ihn als Todgeweihten. Die Spannung wird in solchen Szenen gehalten, weil man hier die Figur des Killers von Clooney wortlos, minimalistisch erklärt bekommt – als Opfer der Leere nach dem Schuss – der, entsprechend präpariert, auch im entscheidenden Moment nach hinten losgehen kann. Clooney war sich dieses Filmes nicht ganz sicher und erschien nicht zur Premiere. Zu Unrecht. Denn hier zeigt er größte Schauspielkunst gerade in der Introvertiertheit der Rolle.
Adrian Prechtel
Kino: Leopold, Mathäser, CinemaxX, Tivoli sowie im Cinema in engl. OV. R: Anton Corbijn B: Rowan Joffe nach dem Roman „A Very Private Gentleman“ von Martin Booth (USA, 99 Min.)