Ein Herz für Werbung
Mariah Carey empfiehlt ein breite Produktpalette zwischen Sunblocker und Hello-Kitty-Büchlein – und ihr Album „Memoirs Of An Imperfect Angle“
Auf den ersten Blick hält man dieses Booklet für einen Witz. Gestaltet ist es im Look der Frauenzeitschrift Elle. Wer es öffnet, dem ballert Werbung entgegen. Mariah Carey empfiehlt: ein süßes Buch, wo sie ihre Texte hineinschreibt (Hello Kitty), eine Jeans (J Brand), High Heels (Chanel, Christian Louboutin, Giuseppe Zanotti), ihr eigenes Parfum (Elisabeth Arden), Disney World, Hustenbonbons (Ricola), einen Sunblocker (La Roche-Posay), die Bibel (ohne Verlagsnennung) und vieles, vieles mehr. Dann folgen Honeymoon-Fotos von Mariah und Ehemann Nick Cannon, inklusive Interviews mit den beiden, deren Erkenntnisgewinn unbedingt ist, dass Mariah immer eine elektronische Bibel mit sich herumträgt.
„Memoirs Of An Imperfect Angel“ heißt ihr neues Album – der unverfängliche Soundtrack zum Blättern im Lifestyle-Magazinchen. Die Jazz-Bar-Atmosphäre in „It’s A Wrap“ ist das Maximum an Überraschung. Der Rest der 21 Nummern (inklusive vier Remixes von „Obsessed“) ist lackierte R’n’B-Produktion zwischen ein wenig Groove und viel Soft-Pop mit dieser Carey-Stimme (beeindruckender Tonumfang, hauchendes Timbre, wenig Ausdruck).
Wäre Mariah Carey Brian Ferry, man könnte die gnadenlose Kommerzialisierung als Stilmittel goutieren. Da Mariah Carey aber bis in alle Ewigkeit sie selber sein muss, kann man davon ausgehen, dass jede Art von Reflexion über ihre ästhetischen Mittel, geschweige denn Ironie, Lichtjahre außerhalb ihrer Welt liegen. Angekommen hingegen ist sie auf der – derzeit – höchsten Stufe der Konsumtristesse im Pop.
Christian Jooß
Mariah Carey: Memoirs Of An Imperfect Angel (Universal)
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