Ein Hauch, in die Welt gepustet
„Die Götter weinen” im Residenztheater: Manfred Zapatka über die heutige Premiere und seine Liebe zum Fußball
Die tragischen Könige von heute, vielleicht finden sie sich in den Vorstandsabteilungen der großen Unternehmen. An Shakespeares König Lear erinnert Firmenchef Colm in „Die Götter weinen”: Nach einem Traumerlebnis beschließt er, seine Macht unter seinen Mitarbeitern aufzuteilen und löst eine fatale Kettenreaktion aus. Das Stück des Briten Dennis Kelly wird heute um 19 Uhr im Residenztheater in der Inszenierung des Tschechen Dušan David Parízek erstmals in Deutschland aufgeführt, mit Manfred Zapatka als Colm.
AZ: Herr Zapatka, dieser scheinbar zum Guten bekehrte CEO, den Sie spielen: Ist er eine Sympathiefigur?
Das muss man erst mal abwarten. Es ist ja so, dass er sich nach dem Traum fragt: Wer bin ich? Was passiert mit mir und der Welt? Dann sagt er, ich mache einen Schnitt, und delegiert an die anderen Raubtiere weiter. Und da sie sich in ihrer Gier nicht einig werden, schaltet er sie automatisch aus. Das ist eine riesige List, die dahinter steht. Man kann schon mit Colm mitfühlen. Aber das kann einen auch daran erinnern, wie das im Geschäftsleben so zugeht.
Es kommt im zweiten Akt zum Krieg, im dritten gibt es dann erst mal nur noch Colm und eine Frau, deren Vater er in den Tod getrieben hat. Die Steinzeit bricht wieder an.
Ich sehe das nicht als Steinzeit. Die Welt geht nicht unter, sondern die Menschheit. Da wird es archetypisch, reduziert auf eine Frau und einen Mann. Wobei der Mann nicht weiß, wie er sich selbst versorgen soll.
Colm legt eine lange Strecke zurück. Wie bereiten Sie sich körperlich auf die Rolle vor?
Ich bin das gewöhnt, ich mache das mein Leben lang. Das ist auch eine geistige Sache. Man ist ja oft ermüdet, wenn man sich anstrengt, ohne einen Sinn darin zu sehen. Wenn man aber etwas erreichen will, geht das von selbst.
Sie waren von 1976 bis 1981, dann von 1984 bis 1996 im Ensemble der Kammerspiele unter Dieter Dorn. Wieso sind Sie schließlich gegangen?
Ich mochte das Theater, hatte aber immer das Gefühl, ich muss auch was anderes machen. Solche Veränderungen sind nur bereichernd für meinen Beruf. Irgendwann hat mich die Schaubühne angerufen, ob ich nicht bei denen was spiele. Ich ging nach Berlin und habe auch wieder viel Film gemacht. Vor zwei Jahren habe ich am Residenztheater „Ein Mond für die Beladenen” gespielt, sonst kam zeitbedingt nichts zustande.
Jetzt sind Sie wieder gebunden in einem Ensemble.
Ich bin nicht gebunden. Ich will das jetzt machen.
Werden Sie in München wohnen oder pendeln?
Meine Frau und ich haben ab November eine Wohnung hier. Ich hatte diese Stadt schon immer gerne. Als Martin Kušej sich mit mir in Zürich traf, wo ich gerade spielte, da hat er auch gewusst, dass ich eine große Schwäche für München habe. Und jetzt kommen wir und unser Hund hierher.
Im Programmheft des Residenztheaters nennen Sie auf die Frage, was Ihnen gefällt, an erster Stelle den Fußball.
Ja, leider hat ja Werder letzte Woche verloren. Ich bin ein glühender Fan, muss ich Ihnen sagen. Ich bin in Bremen geboren, wir sind dann nach Cloppenburg, weil meine Mutter sich dort wohl fühlte, und mein Vater hat da ein Haus gebaut, wie sich das damals so gehörte. Bremen war für mich die große Stadt, und Werder mein Verein. Immer. Als ich in München war, fest engagiert, wurde Werder langsam zur Spitzenmannschaft. Ich erinnere mich, in den späten Achtzigern zogen hier die Grünweiß-Gestreiften durch die Stadt und behaupteten, Werder wird Meister – und Werder wurde Meister. Ich verstehe mich auch mit Trainer Schaaf sehr gut, wir kennen uns. Der Fußball hat ja auch viel mit meinem Beruf zu tun.
Weil es ein Spiel ist?
Das sind auch Jungs, die lange probieren, bevor sie endlich mal spielen dürfen. Die sind ein Ensemble. Und müssen auf die Minute ticken. Es gibt da keine Erklärung, wie: Ich habe mich nicht wohl gefühlt. Der Moment zählt, und danach ist es vorbei, man kann es nicht mehr verändern. Das ist bei uns dasselbe.
Diese Flüchtigkeit – ist das was Schönes für Sie?
Ja klar. Wir sind ja auch nur so ein Hauch, in die Welt gepustet. Wir haben alle eine bestimmte Zeit.
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