Ein Füllhorn voll Klang
Acht Tage und sechs Spielorte: Am Sonntag startet in München das Festival „Jazz Lines“
Es war eine der stimmigsten Konzertreihen in München. Als 2008 das Ende nahte, konnten die „Jazz Lines“-Macher Annelie Knoblauch und Josef Dachsel ihrem Publikum mit der Andeutung, dass die Hoffnung zuletzt stirbt, die tränenfeuchten Augen trocknen und einen Silberstreif an den Horizont zaubern.
Gegen allerlei Widerstände konnten die zwei vom „Kulturkontor“ nun durchsetzen, dass ihre Vorstellung vom Jazz mit einem großen Festival wiederbelebt wird. Über einen Zeitraum von acht Tagen geht „Jazz Lines“ an sechs Spielorten über die Bühne.
„Kaum ein Genre der zeitgenössischen Musik ist so spannend und beinhaltet so viele Facetten wie der Jazz - und so viele Möglichkeiten zum Missverständnis“, heißt es im Programmflyer. Und weiter: „Jazz ist in keiner Weise mehr ein fester Stilbegriff, und auch mit dem Hilfskonstrukt ,improvisierte Musik’ wird man ihm kaum mehr gerecht.“
Wohl wahr. Jazz ist auch ein Lebenskonzept. Dazu gehört, dass er seine Vitalität aus immer neuen Bezugsquellen nährt. Deshalb macht es auch Sinn, dass „Jazz Lines“ Querverbindungen zu Literatur, Theater oder Film sucht. Grenzüberschreitungen zu anderen Musikgenres wie Weltfolklore oder Neue Musik sind fast selbstverständlich.
Reizvolle interdisziplinäre Begegnungen
Mit dem Programm des mit dem Bayerischen Staatsschauspiel verbandelten Festivals kündigen sich viele reizvolle interdisziplinäre Begegnungen an – aber es offenbart sich auch eine kleine Schwäche, die schon auszumachen war, als „Jazz Lines“ noch als Reihe ihr Dasein fristete: zu sehr dreht sich das Angebot um die ewig gleichen Jazz-Persönlichkeiten.
Das mag zwar den familiären Charakter der Veranstaltung unterstreichen, aber das in der Pressekonferenz vorgetragene Argument, man setze auf Musiker, die sich immer wieder neu erfinden, zählt nicht – denn das trifft auch auf Dutzende, wenn nicht Hunderte von anderen Jazzern in Europa und den USA zu. Kennen müsste man sie halt.
Ihr Kommen angekündigt haben hochkarätige alte Bekannte wie der Saxofonist/Klarinettist/Bandoneonspieler Michel Portal, der Cellist Vincent Courtois, das Trio Tony Malaby, Joachim Kühn, Daniel Humair, der Pianist und Tenorhornspieler Django Bates, der Klarinettist und Saxofonist Louis Sclavis, die Schweizer Perfomerin Erika Stucky (mit Sina) oder ihr Landsmann, der Obertonsänger Christian Zehnder. Der letzte Tag des „Jazz Lines“-Festival ist dem Münchner Label ECM gewidmet. Da lädt unter anderem Produzentenlegende Manfred Eicher zur Podiumsdiskussion.
Ssirus W. Pakzad
„Jazz Lines 2009 - Festival Für Neue und Improvisierte Musik", 22. - 29. März: Amerika Haus, Schwere Reiter, Marstall, Allerheiligen Hofkirche, Residenz Theater, Glyptothek. Karten Tel.21851940, weitere Informationen unter www.jazzlines.de