Ein echter Diskurs: Riefenstahl, die Nuba und die Demonstration

Voyeurismus oder Ethnologie? Der Protest im Hofgarten gegen die Ausstellung von Riefenstahlbildern mündete in eine Diskussion statt Geschrei.
Adrian Prechtel
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Ron Williams und Fadumo Korn vor der Galerie mit den Nuba-Bildern im Hofgarten.
Sigi Müller 4 Ron Williams und Fadumo Korn vor der Galerie mit den Nuba-Bildern im Hofgarten.
Eine Fotografie von Leni Riefenstahl beim Brauttanz in den späten 60er Jahren.
Fotorechte: Holer Roost 4 Eine Fotografie von Leni Riefenstahl beim Brauttanz in den späten 60er Jahren.
Demo gegen die Leni-Riefenstahl-Ausstellung.
Sigi Müller 4 Demo gegen die Leni-Riefenstahl-Ausstellung.
Galerist Alexander Gehrke und Rechteinhaber Holger Roost (re.).
Holger Roost 4 Galerist Alexander Gehrke und Rechteinhaber Holger Roost (re.).

München - Rund 50 Demonstranten haben sich am Samstag vor der Galeriestraße 6a im Münchner Hofgarten eingefunden, um gegen die Ausstellung "Leni Riefenstahls Nuba-Fotografien" zu demonstrieren, darunter auch der Entertainer, Moderator und Sänger Ron Williams. Bis 30. April zeigt der TV-Produzent Holger Roost hier in drei Räumen Fotos der Regisseurin Leni Riefenstahl (1902 - 2003), die wegen ihrer Verstrickung in den Nationalsozialismus eine höchst umstrittene Person ist. Von 1963 bis 1976 hatte Riefenstahl mehrmals die Nuba im damaligen Sudan besucht, um einen Film über diese verschieden Ethnien zu drehen. Das Projekt scheiterte, aber es entstanden Foto-Dokumentationen in Büchern und Magazinen. Holger Roost, der die Verwertungsrechte an den Fotos besitzt verkauft in der Münchner Galerie großformatige, limitierte Abzüge zwischen 950 und 5500 Euro.

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Die Münchner Aktivistin gegen Rassismus, Fadumo Krug, hatte zum Protest aufgerufen: "Die Art der Repräsentation der Nuba bedeutet die Herausstellung der NS-gesinnten Riefenstahl und die Nutzung ihrer voyeuristischen Fotografien und sexualisierten Darstellungsweise ohne Rücksicht auf die Würde von Menschen afrikanischer Herkunft."

Eine Fotografie von Leni Riefenstahl beim Brauttanz in den späten 60er Jahren.
Eine Fotografie von Leni Riefenstahl beim Brauttanz in den späten 60er Jahren. © Fotorechte: Holer Roost

Von 12 bis 14 Uhr fand dann der Protest statt, zu dem auch Holger Roost mit Mikrophon das Wort ergriff. Zur AZ sagte er: "Ich bin in keiner Weise irgendwie Rassist, noch ein Anwalt Riefenstahls, was ihre Schuld im Nationalsozialismus anbelangt. Und ich finde den Protest gegen die Ausstellung auch völlig legitim." Er habe dann auch Gespräche in der Galerie mit den Protestierenden geführt. "Ich habe nicht deren Bedenken aufheben können, aber mildern", meint er, indem er Vorwürfe entkräftete: "Dass man nackte Frauen ausstellt, kann man missbilligen. Aber der Vorwurf, hier würden interne Rituale voyeuristisch ausgeschlachtet, trifft nicht zu: Riefenstahl war als Gast bei den Brauttänzen eingeladen. Sie fotografierte offiziell und hat den Nuba anschließend auch ihre Fotos gezeigt", sagt Roost, der den Protestierenden auch Bilder zeigte, auf denen Riefenstahl sogar mittanzt.

Demo gegen die Leni-Riefenstahl-Ausstellung.
Demo gegen die Leni-Riefenstahl-Ausstellung. © Sigi Müller

Der Vorwurf von Fadumo Krug war, dass die Fotos "an vergangene Menschenzoos, sogenannte Völkerschauen, die in Deutschland stattgefunden haben, erinnert. Die Bilder von Riefenstahl verkörpern ein kolonialrassistisches Menschen- und Weltbild und sind exemplarisch für eine Ideologie der NS-Ästhetik." Das sieht Holger Roost nicht so: "Natürlich war Riefenstahls Blick nicht objektiv. Aber er war in diesem Fall ethnologisch, obwohl Riefenstahl natürlich Ästhetik bei den Aufnahmen wichtig war."

Galerist Alexander Gehrke und Rechteinhaber Holger Roost (re.).
Galerist Alexander Gehrke und Rechteinhaber Holger Roost (re.). © Holger Roost

Diesen Donnerstag, 18. April, zeigt das Münchner Filmmuseum um 19 Uhr Holger Roosts Film "Sehnsucht nach Unschuld", den er aus dem Filmmaterial Riefenstahls über die Nuba geschnitten und mit Originaltonaufnahmen unterlegt hat.

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