Ein bewegender Abschied

Die Trauerfeier für den Chefdirigenten David Stahl im Staatstheater am Gärtnerplatz
von  Abendzeitung

Die Trauerfeier für den Chefdirigenten David Stahl im Staatstheater am Gärtnerplatz

Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze, heißt es bei Schiller. Anscheinend gilt das auch für Dirigenten: Bei der Trauerfeier für den am 24. Oktober verstorbenen David Stahl war das Parkett mit Ehemaligen und Hausangehörigen dicht besetzt. Auf den Rängen verloren sich aber kaum 50 weitere Besucher.

Würdig, bewegend und beziehungsreich verabschiedete sich das Gärtnerplatztheater von seinem langjährigen Musikchef. Das „Capriccio“-Sextett erinnerte an seine denkwürdige Aufführung der Richard-Strauss-Oper in August Everdings letzter Inszenierung im Prinzregententheater. Mit „The Unanswered Question“ von Charles Ives stellte das Orchester die unbeantwortbare Frage nach dem „Warum?“ des tragischen Schicksals des Vollblutmusikers, der kurz nach dem Krebstod seiner Frau im 61. Lebensjahr selbst dieser tückischen Krankheit erlag und drei Kinder zurücklässt.

Offenherzige Kollegialität

Anrührend beschrieb der Erste Kapellmeister Andreas Kowalewitz den Optimismus seines Kollegen, der sich nach jeder seiner 600 Vorstellungen per Lautsprecher-Rundspruch bei allen Mitwirkenden für ihren Einsatz bedankte. Intendant Ulrich Peters lobte die offenherzige Kollegialität des Dirigenten. Sein Vorgänger Klaus Schultz wies auf den beziehungsvollen Termin dieser Trauerfeier am Gedenktag der Reichsprogromnacht hin: David Stahls Großvater stammte aus Fürth. Er war vor seiner Emigration kurz im KZ Dachau inhaftiert, weil er sich weigerte, den Nazis bei der Arisierung von Betrieben zu helfen.

Auf Stahls Herkunft spielte auch das Gebet aus „Jewish Life“ von Ernest Bloch an. Der Münchner Cellist Daniel Müller Schott verabschiedete sich mit diesem Stück von dem Dirigenten, mit dem er in Charleston oft gemeinsam aufgetreten ist. Nach einem Abendlied des Chors von Joseph Rheinberger entließ die Sopranistin Eliane Ortiz Arandes hoffnungsfroh mit Bernsteins „Somewhere“. Wehmütig stimmte nur, dass kein bekanntes Gesicht aus der Staatsoper den Weg zum Nachbarn fand: Immerhin hat Stahl am Max-Joseph-Platz hin und wieder Humperdincks „Hänsel und Gretel“ dirigiert.

Robert Braunmüller

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