Ein aufrechter Grantler
MÜNCHEN - Nach schwerer Krankheit starb Jörg Hube mit 65 Jahren an Krebs. Bis zuletzt stand der Unbestechliche auf der Bühne. Sein Motto war: „Lieber ein Spatz in Freiheit als ein Pfau im Zoo“
Es gab schon seit längerem Gerüchte, die durch den Tod von Ruth Drexel Anfang März noch angefacht wurden: Auch Jörg Hube sei schwer krank, habe viele Verpflichtungen abgesagt. Doch der Schauspieler wiegelte ab: Er wolle einfach mit 65 etwas kürzer treten, probe aber schon eine neue Theaterrolle.
Nun ist ihm der Tod zuvor gekommen: Jörg Hube ist in der Nacht zum Freitag seiner Krebserkrankung erlegen. Der letzte große Volksschauspieler seiner Generation ist tot.
Bis zuletzt war er noch unterwegs mit Lesungen und Einspielungen für Hörbücher, darunter eine große sechsteilige Edition mit Autoren des frühen 20. Jahrhunderts. Im Staatsschauspiel stand er am 18. Mai in seinem eigenen Satirestück „Sugardaddy“ gemeinsam mit seiner Frau Beatrix Doderer zum letzten Mal auf der Bühne.
Zwei Wochen zuvor hatte er noch die große Doppel- und Hauptrolle in der Feydeau-Komödie „Floh im Ohr“ gespielt. Wie ernst es um ihn stand, wussten die wenigstens. Hube wollte kein Mitleid.
Hube war ein Original: aufrecht, unbestechlich, bescheiden, politisch bewusst. Aber auch ein knorriger Grantler, dessen cholerische Jähzorn- Ausbrüche legendär waren. Die Originalität seiner Bühnenrollen war begründet in seinem unerbittlichen Ringen um Präzision und Wahrhaftigkeit einer Figur. Wie er an der Theaterakademie den Dorfrichter Adam in der bayerischen Fassung von Kleists „Zerbrochnem Krug“ spielte, kehrte bei aller Dialekt-Komik auch die Tragik und die Zerrissenheit hervor.
Hube war ein Multitalent: Schauspieler, Kabarettist, Regisseur, Autor seiner eigenen „Herzkasperl“-Programme, und von von 1991 bis 1993 auch Leiter die Otto-Falckenberg- Schule, an der er selbst Schauspiel studiert hatte.
Nach ersten Theaterengagements begann er hier als Kabarettist bei den „Machtschattengewächsen“, Anfang der 70er entwickelte er mit seiner ersten Frau Elisabeth Fall die Kabarett-Figur Herzkasperl. Sein Kabarett war nicht leichtverdaulich: Da schwang ein Moralist die Peitsche, um Dummheit und Verlogenheit zu geißeln.
Ab 1973 war Hube an den Münchner Kammerspielen engagiert, 2001 wechselte er mit Intendant Dieter Dorn ans Bayerische Staatsschauspiel. Doch er machte immer wieder Ausflüge an kleine Bühnen, 2007 spielte er im TamSTheater den „Untertagblues“ von Peter Handke. Und an der Staatsoper reagierte er in der „Fledermaus“ als Frosch satirisch auf die aktuelle Politik.
Seine Fernsehkarriere begann in den 70ern, seine größte und eindrücklichste Rolle spielte er in der Serie „Die Löwengrube“ – zunächst den Vater Ludwig, dann den Sohn Karl Grandauer. Auch die WDR-Serie „Die Rote Erde“ machte ihn populär. Aber Ruhm und Geld bedeuteten ihm nicht viel: „Lieber ein Spatz in der Freiheit als ein Pfau im Zoo“ war sein Motto.
Gabriella Lorenz