Eigentore in Unterföhring
Deutschlands Bezahl-Sender in der Krise. Warum Pay-TV in Deutschland nicht klappt und was bei Premiere falsch läuft
Bezahl-TV in Deutschland? Eine einmalige Erfolgsgeschichte! Die Rekordsumme von 17,98 Euro im Monat zahlt jeder Zuschauer aktuell für sein öffentlich-rechtliches Programm – wenn er bei der GEZ gemeldet ist. Da wundert es wenig, dass die Deutschen kein Interesse an privatem Pay-TV haben.
Seit seinem Börsengang 2005 ist Premiere mehrmals knapp an der Pleite entlang geschrammt. 270 Millionen Euro Miese verbuchte der Münchner Sender im Vorjahr, 80 Millionen Euro Verlust brachte das erste Quartal 2009, in dem 28000 Abonnenten gekündigt haben. 2,4 Millionen zahlende Zuschauer hat Premiere nur noch. Jetzt will Medien-Mogul Rupert Murdoch mit neuem Namen und Konzept den Ladenhüter Premiere in den Erfolgssender Sky umwandeln. Murdochs Vorbilder: Sky Italia und Sky Großbritannien, beides Bezahlsender, an denen er Anteile hält. Doch Pay-TV funktioniert in Deutschland anders als im übrigen Europa.
Das deutsche Free-TV-Angebot ist viel umfangreicher – und anders als beispielsweise auch in den USA – qualitativ sehr hoch. Spielfilme und Serien laufen bei den Privaten in Dauerschleife. Selbst die Fußballrechte können die Abozahlen von Premiere kaum stützen – auch wenn Franz Beckenbauer als prominentes Zugpferd auch in den kommenden vier Jahren als Experte für Premiere arbeitet.
Nur eine gute Stunde nach Anpfiff berichtet die „ARD-Sportschau“ samstags von den Bundesliga-Spielen. In vielen anderen großen Fußballnationen läuft die erste Liga im Free-TV erst am Folgetag.
Es brennt überall bei Premiere und die Konkurrenz wächst
Aber die Krise des Senders ist auch hausgemacht. Vor allem die mangelnde Kontinuität in Führung und Strategie verhinderte den Aufbau einer echten Marke. Man probierte es immer wieder mit neuen Allianzen, Angeboten und Preissystemen, und verschreckte damit Kunden. Und Fußball-Fans kostete das Bundesliga-Abo nicht nur Geld (aktuell 19,99 Euro monatlich), sondern oft auch Nerven. Als die Bundesligarechte an Arena gingen, behauptete Premiere gegenüber Ex-Kunden, sie hätten die so genannte Smartcard nicht zurückgeschickt. Eine Sammelklage der Verbraucherzentrale Hamburg hatte Erfolg, Premiere musste zu viel gezahlte Beiträge erstatten. Zum 30. Juni laufen auch noch alle Arena-Verträge mit rund 600 Fußballkunden aus – nach der Pleite des Konkurrenten zeigte Premiere die Bundesliga in Sublizenz, doch das hatte das Kartellamt untersagt.
Es brennt überall bei Premiere und die Konkurrenz – vor allem im Internet – wächst munter weiter. Die deutsche Telekom bietet ab der nächsten Saison die Fußball-Bundesliga in HDTV an. 14,95 Euro im Monat soll der Zuschauer dafür bezahlen. Voraussetzung ist aber, dass er für 45 Euro das Entertain-Paket der Telekom hat, das Telefon und Internet beinhaltet.
Die Entscheidung, TV-Angebote übers Internet zu beziehen, ist mehr als eine Frage der technischen Übertragung. Der Nutzer erhält das Gewünschte zu jeder beliebigen Zeit. Die Zahl derjenigen, die über das Internet fernsehen, wächst kontinuierlich. Spielfilme und Serien bieten Plattformen wie Maxdome und RTL.now. Dazu kommen die kostenlosen Mediatheken der Sender. Eine Woche lang steht eine verpasste Sendung per Mausklick im Internet zur Verfügung. In der Zeit von Wirtschaftsflaute und Sparzwang nicht die schlechteste Alternative.
Angelika Kahl