Eigentlich keinen Bock auf gar nix
Der melancholische Autor lehnt in seiner Öffentlichkeitsscheu eigentlich Auszeichnungen ab. Für den Thomas-Mann-Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste machte er eine Ausnahme.
Peter Handke dürfte eigentlich gar nicht da sein. Schließlich wird ein Literaturpreis vergeben – und zwar an ihn. Und der österreichische Schriftsteller hatte doch vor einem Jahr betont: „Ich nehme ab sofort keinen Preis mehr an.“ Dennoch ist Handke am Mittwochabend in die Münchner Residenz gekommen, um den Thomas-Mann-Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste entgegenzunehmen. An seiner grundsätzlichen Abneigung lässt er dabei aber keinen Zweifel.
Auf Wunsch des öffentlichkeitsscheuen Autors sind die Veranstalter nicht in einen größeren Saal ausgewichen, so dass nur rund 200 Gäste an der Preisverleihung teilnehmen können. Der Andrang ist ungleich größer: Kurz vor Beginn drängen sich noch Dutzende Handke-Fans am Eingang. Vergeblich flehen selbst ältere Damen um eine Karte und müssen letztlich wieder gehen, ohne den Autor von Werken wie „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ und „Der kurze Brief zum langen Abschied“ auch nur gesehen zu haben.
Handke zierte sich
Der Große Literaturpreis der Akademie wird an diesem Abend erstmals unter neuem Namen verliehen: als Thomas-Mann-Preis. 75 Jahre nach der Vertreibung Manns aus München „schien es uns mehr als angemessen, seinen Namen mit einem bedeutenden Literaturpreis in der bayerischen Landeshauptstadt zu verbinden“, erläutert Akademie-Präsident Dieter Borchmeyer. Und als erster Träger des Thomas-Mann-Preises sei für die Jury eigentlich nur Handke in Frage gekommen.
Der österreichische Schriftsteller hatte laut Borchmeyer in einem Telefonat die Ehrung zunächst abgelehnt, „weil er nun einmal öffentlich erklärt habe, keinen Preis mehr anzunehmen“. Der Akademie-Präsident blieb hartnäckig und stimmte den 65-Jährigen schließlich um. Handke habe die „salomonische Lösung“ gefunden, „zwar den Preis, aber nicht die Preissumme anzunehmen und diese der Akademie zu stiften“. Borchmeyer zeigte sich begeistert über die 15 000 Euro: „Wenn der Staat seine Hand nicht über uns hält, so dürfen wir uns in Gottes Handke doch wohlbehütet fühlen.“
Kein politischer Preis
Mit Blick auf vereinzelte Kritik an der Vergabe der Auszeichnung an Handke gibt Borchmeyer zu bedenken, „dass wir heute einen großen Schriftsteller ehren, dass wir keinen politischen, sondern einen Literatur-Preis verleihen“. Handke war im Laufe der vergangenen zwölf Jahre mehrfach wegen seiner Position zu den Balkan-Kriegen in die Kritik geraten. Dem Schriftsteller wurde Parteinahme für den verstorbenen serbischen Diktator Slobodan Milosevic vorgeworfen. 2006 war Handke der Heine-Preis der Stadt Düsseldorf zuerkannt worden. Diese Entscheidung führte zu heftigen politischen Diskussionen, worauf der Autor den Verzicht auf den Preis erklärte.
Die politische Dimension spielt auch in der Laudatio von Verleger Hubert Burda, der mit dem Schriftsteller befreundet ist, keine Rolle. Burda beschreibt seine Begegnungen mit dem Autor und seine Lese-Erfahrungen von Handkes Werken. Die Bücher zeichne aus, dass darin „eine andere Wirklichkeit“ hergestellt werde.
Handke grantelte
Einzig Handke selbst fügt sich nicht der Feierstimmung in der Residenz. Nicht einmal vier Minuten dauert seine launige Ansprache, in der er sich wenig begeistert über die Ehrung zeigt. Er macht deutlich, dass ihm schon der Rahmen der Veranstaltung eigentlich viel zu groß ist. Auch mit Thomas Mann, dem Namensgeber der Auszeichnung, hat Handke so seine Schwierigkeiten. Er empfinde eine „Mischung zwischen Bewunderung und Grauen“.
Auch lässt Handke die Zuhörer wissen, dass er es nie geschafft habe, über Preise für sich Freude zu empfinden. Den „Überdruss“, den er an seiner Existenz empfinde, spüre er besonders, „wenn es um einen Scheiß-Preis geht“.
Petr Jerabek
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