drinnen nur nichtqualma
Der Münchner Brasilianer Zé do Rock findet BHs mindestens 55 Mal gefährlicher als Passivrauchen, will mal wieder die deutsche Sprache neuerfinden und hat darüber ein Buch verfasst
Manchmal würde man gerne, wie man wollte, und kann nicht, weil andere es anders wollen. Zé do Rock hat Lust auf Schmöken, doch im Milchhäusl beim Englischen Garten ist Rauchen verboten, weshalb das Interview draußen stattfinden muss. Dem in München lebenden Brasilianer ist’s Beweis genug, dass er mit seinem neuen Werk ein Thema in Angriff nimmt, bei dem nicht nur sein Kopf qualmt: Mit „jede sekunde stirbt ein nichtraucher – a lexikon üba vorurteile un andre teile“ hat er ein Buch gegen den Anti-Raucher-Wahn verfasst, verbunden mit amüsanten Reiseberichten und alphabetisch geordneten Neu-Definitionen von Alltagsworten. Das Interview mit der AZ hat er sich bereits in schriftlicher Form geben lassen – um es in seine neue Kunstsprache Kokokuke (von „Kokoskuchen“) umzudeutschen.
AZ: Herr do Rock, Sie schreiben Ihre Bücher in Kunstsprachen wie „Kokokuke“, „Ultradoitsh“ oder „Wunschdeutsch“. Was soll man sich darunter vorstellen?
ZE DO ROCK: „Ultradoitsh“ ist ein phonetisches deutsch, das ich in meinem ersten buch „fom winde ferfeelt“ angeboten hab. Beim zweiten kam das „wunschdeutsch“ dazu, ein basisdemokratisches deutsch. Ich hab in meinen shows 20000 leute yber die regeln abstimmen lassen.
Das müssen lange Shows gewesen sein.
Nein, die regeln von wunschdeutsch passen auf zwei seiten. Ich sag: keine kommaregeln! Das is eine zeile. Im Duden braucht es zwei seiten dafyr. Grosz- und kleinschreibung: am sazanfang, bei eigennamen und abkyrzungen grosz, sonst klein. Und im zweifel kann man selber entscheiden.
Sie definieren in Ihrem Buch Worte auf ganz neue Art.
Ja, zum beispiel „Semantik – wiederholtes zucken eines matrosen“. Mei, das macht mir spass. Das hat aber auch mit vorurteilen zu tun. Man is so fixiert auf die bedeutung eines wortes, wie man auf „wahrheiten“ fixiert is.
Mit Rauchern verbindet man Qualm und Lungenkrebs. Sie sprechen von einer Hexenjagd, dabei wurden die Gesetze gerade aufgelockert.
Aber in Brüssel diskutiert man yber ein totalverbot fyr ganz Europa. Und die ÖDP macht eine unterschriftensammlung fyr das totale paff-verbot. Die werden immer weiter kämpfen, ir gotteswerk is noch nich vollbracht. Und wir sizen hier beim interwiu im regen, weil drinnen nichtqualma is.
Sie bezweifeln auch die gesundheitsschädigenden Folgen des Passivrauchens.
Ma kann sich die studien anschaun: die meisten sagen, passivrauchen is warscheinlich schedlich, aber es is statistisch insignifikant. Das is wi wenn ein zeuge sagt: war-sheinlich war es er, aber sicher is es nich. Ich yberlege shon, ob ich aine untershriftensammlung mache fyr ain BH-ferbot. A BH zu tragen is 55 mal gefarlicha wie passivrauchen!
Gibt es noch ein Paradies für Raucher, vielleicht Brasilien?
Brasilien is viel schlimma, da hat es viel früher angefangen als in Deutschland. Aber in den größten teilen der welt is es noch so, dass die leute nicht wissen, dass shmauchen stört. Wenn man fragt, entshuldigung, darf ich hir rauchen, shaun si verstandnislos. Als würd ich sagen, stört es Si, wenn ich a bisschen an meinem ohrlappchen zih?
In Ihrem Film „Schröder liegt auch in Brasilien“ spielen Sie mit Vorurteilen, die Deutsche und Brasilianer haben.
Man wiss sehr wenig, wenn bilder aus Brasilien gezeigt werden, siht man imma nur die armut. Or einmal im jar den karneval. Dann sage man: alle brasilis tanzen samba.
In Ihrem Film sieht man viele Damen mit dickem Po, da könnte man meinen...
Ja, aba die brasilianerinnen han shon mer arsh. Wenn i in Deutshland mit a deutsho sitze un da kommt a shöne bedina vorbei, shaut er vo vorn un i nak hinten.
Das ergänzt sich gut.
I fand das hir ser befremdli: brüste, lange beine – das spilt in Brasil übahaupt kei roll. I wiss nit, ob das anna ernerung ligt or ob die gesmak sik an die jeweilige gegebenheiten anpasst, weil so file shöne hintan da sin un weni lange beine. Or umkeret, das dise wunsh shon imma da war, un das die weibli hormone dahin arbeitet ha. Natüral kann ma die körpas nit nak wunsh entwikel, aba fileit is ja da a gewisse genetik am werk.
Vielleicht machen die Gene Sie auch zum Raucher. Werden Sie jemals aufhören?
Ja, dat mit die genen is war-sheinli so. Für mi hab toback seit früheste kindheit duft. Ich würde gerne reduzieren, mein ziel wär, a richtiga genuss-shmaucha zu sein – wird aba difficil, wenn man mich zwingen will! Es gebe leute, die werden üba 110 jer alt un sin shmöka. Genusspaffa, keine kettenqualma. Sichalich: kettenraucha leben nit lang. Aba gesundheitsfanatikis au nit.
Michael Stadler
Zé do Rock: „jede sekunde stirbt ein nichtraucher“ (A1 Verlag, 272 Seiten,18.80 Euro)
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