Dreharbeiten zum Münchner "Tatort": „Und jetzt alle raus!“

Der Bayerische Rundfunk dreht eine neue Folge für den Münchner „Tatort“. Am neunten Drehtag ermittelt Kommissar Ivo Batic in einem Geschäft in der Landwehrstraße.
von  Abendzeitung

Der Bayerische Rundfunk dreht eine neue Folge für den Münchner „Tatort“. Am neunten Drehtag ermittelt Kommissar Ivo Batic in einem Geschäft in der Landwehrstraße.

Ilse Neubauer ärgert sich. Am Hauseingang hat sie schon ein selbstgeschriebenes Papierschild aufgehängt, auf dem zu lesen ist: „Bitte Türe immer geschlossen halten“. Doch es bringt nichts. Die Leute vom Filmteam gehen ein und aus und vergessen immer wieder, die Türe zu schließen. Die Eiseskälte drängt in den Hausflur. „Was rege ich mich auf, ich kenne das ja“, sagt die Schauspielerin versöhnlich. Ilse Neubauer hat in allen Münchner Kultsendungen mitgespielt. „Die Hausmeisterin“ war eine ihrer erfolgreichsten Rollen. Doch an diesem Tag hat die 67-Jährige in dieser Funktion wenig Erfolg.

Es ist der neunte von insgesamt 23 Drehtagen für den BR-„Tatort“ mit dem Arbeitstitel „Die Heilige von St. Adelheim“, den die ARD noch Ende des Jahres ausstrahlen will. Gefilmt wird in einem freistehenden Laden-Raum von Ilse Neubauers Mietshaus in der Landwehrstraße. Er dient als Schauplatz für die Szene in einem Import-Export-Laden.

Während Hauptkommissar Ivo Batic (Miroslac Nemec) für den neuen „Tatort“ im Bahnhofsviertel nach einem flüchtigen Häftling sucht, ist Kollege Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) auf Nachforschungen in der JVA Stadelheim. Das im Krimi als St. Adelheim berüchtigte Gefängnis galt bisher als einbruchssicher, doch kurz nachdem Batic und Leitmayr zu dem Gefangenen Nic Schuster gerufen wurden, wird dieser tot aufgefunden. Sein Zellengenosse, der Algerier Hassan Adub, ist geflohen. „Ausbruch aus St. Adelheim. Häftling auf der Flucht“ titelt daraufhin die „Tatort“-eigene Tageszeitung, die eine Kopie der Abendzeitung zu sein scheint – mit Ausnahme des Namens. Im „Tatort“ heißt sie „Die Zeitung“.

Auf Details wird auch bei der Ausstattung geachtet: Im Schaufenster jenes den türkisch-arabischen Läden aus der Nachbarschaft nachempfunden Geschäftes stehen unbekleideten Kinderpuppen neben Perserteppichen. Rot-blau-karierte Riesen-Plastiktaschen lehnen an günstigen Mikrowellen. Die bunt blinkenden Neonröhren, die zur Dekoration an fast jedem Regal hängen, gefallen nicht allen. Vor allem nicht dem Kameramann. „Das Licht ist nicht abendfüllend“, urteilt Hanno Lentz nach einem prüfenden Blick. Sein Beleuchter nennt dies lieber „realistische Lichtführung“. Beide bezeichnen dasselbe Problem: Ohne Tageslicht können sie hier nicht mehr drehen. Gegen drei Uhr hat die Sonne längst ihren Zenit überschritten, Kameramann Lentz wird nervös.

Die Proben für die zweite Szene an diesem Drehort haben noch nicht begonnen. Hektik greift um sich. Etwa zwei Dutzend Teammitglieder – Maskenbildner, Requisiteur, Tontechniker, Assistenten und Praktikanten – fuhrwerken in dem winzigen, ohnehin schon mit Requisite vollgestopften Laden, bis Regisseur Jobst Oetzmann eingreift: „Und jetzt alle, die nicht filmen: raus!“

Die Proben können beginnen. „Ich interessiere mich für den Spielzeugpanzer. Aber noch viel mehr würde mich interessieren, wo der Hassan Adub ist.“ Hauptkommissar Batic steht im Laden. „Wo Hassan ist, weiß ich nicht. Und der Panzer kostet acht Millionen – für Sie“, entgegnet ihm ein düster dreinblickender Ladenbesitzer. Mit seinen Angestellten tauscht Alexis verschwörerische Blicke aus. Batic reicht ihm seine Visitenkarte. Dann schaut er sich fragend um.

„Was muss ich da nochmal sagen?“, will Nemec wissen. Hinter einem Regal versteckt sitzt Caroline Fischer, zuständig für Script und Continuity, die den Text überwacht und stets eine Stoppuhr um den Hals trägt. Sie gibt ihm die passenden Stichworte. „Du musst noch näher an ihn ran, Miro.“ Regisseur Oetzmann will, dass Alexis Batics entschlossenen Atem spürt. Die Atmung des Kameramanns beschleunigt sich derweil immer mehr. „Die Sonne kommt gleich in die Straße rein.“ Für Hanno Lentz bedeutet dies einen lichttechnischen Gau. Kurz vor vier Uhr kann er dann endlich drehen. Die Sonne ist noch nicht untergegangen. Nadja Mayer

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