Dissonanz unterm Cord-Hut
Erwin Pelzig stellt sich knapp drei Stunden höchst vergnüglich im Lustspielhaus.
Der Mann in Janker und rustikal rot-weiß kariertem Hemd, mit dem Cord-Hüdli auf dem irgendwie frisierten Schädel und dem wie am Handgelenk festgetackerten Herren-Handtäschli ist nach drei Jahren wieder zurück auf der Bühne. Ganz offensichtlich fühlt er sich dort wohl, und die glamouröse Fernsehpräsenz mit eigener Show und als Sidekick von Urban Priol im wunderbaren ZDF-Brettl „Neues aus der Anstalt“ scheint ihm peinlicher zu sein als die ebenso sorgfältig komponierte wie modisch fragwürdige Ausstattung. Mit seinem neuen Programm „Pelzig stellt sich" stellte er sich für knappe und höchst kurzweilige drei Stunden im Lustspielhaus, das nicht zuletzt „wechen dem Drecksfernseher“ ausverkauft war, vor ein Live-Publikum. Das hat Frank-Markus Barwasser und vor allem sein Alter Ego, den Erwin Pelzig, ganz einfach lieb.
Dabei erwartet er von seinem Publikum nichts Geringeres als psychologische Grundkenntnisse: Pelzigs Leitmotiv ist die „Kognitive Dissonanz“. Man redet sich schön, was am positiven Selbstbild kratzt. Etwa so, wie Lothar Matthäus seine „weitgehend sinnfreie Existenz“ zu einem Lebenswerk hochstilisiere. Oder wie in Religion und Wirtschaft, wo sich dank der Dissonanz „flüssiger Stuhl“ zu Fundamenten verfestige – Pelzig erregt sich, ohne die analytische Schärfe zu verlieren.
Zur kognitiven Dissonanz kommt die Persönlichkeitsspaltung: Endlich trifft man wieder auf die Stammtisch-Runde von Erwin Pelzig mit dem dröhnend schwatzhaften Prolo Hartmut und dem phrasendreschenden Öko-Feingeist Doktor Göbel, die einst freitags für einige glanzvolle Minuten zu den Kleinkunst-Großereignissen bei Bayern 3 zählte. Beim Schwadronieren dieses fränkischen Kneipen-Trios, von dem man gar nicht wissen will, wie es jemals so unzertrennlich zusammen gefunden hat, detoniert nicht nur die Kompliziertheit der Welt am gesunden Menschenverstand, sondern ganz beiläufig auch dieser selbst.
Circus Krone, 12. Juli, 20 Uhr