Digitale Körperlichkeit

Zart-verrückte Liebe im Irrenhaus: Mit "I'm a Cyborg, but that's ok" zieht Regisseur Park Chan-Wook sanfte Seiten auf, die man ihm nach "Lady Vengeance" und vor allem "Old Boy" nicht mehr zutrauen wollte.
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Zart-verrückte Liebe im Irrenhaus: Mit "I'm a Cyborg, but that's ok" zieht Regisseur Park Chan-Wook sanfte Seiten auf, die man ihm nach "Lady Vengeance" und vor allem "Old Boy" nicht mehr zutrauen wollte.

Alles hier ist abgehoben, verschroben, anders. Wer Park Chan-Wooks Filme mag, spricht meist von den Gewalteruptionen seiner Rache-Trilogie, die ihre stilbildende Coolness abstrahlen auf das koreanische Kommerzkino der jüngsten Zeit. Bei "I'm a Cyborg but that's ok" zieht der Regisseur sanfte Seiten auf, die man ihm nach "Lady Vengeance" und vor allem "Old Boy" nicht mehr zutrauen wollte - einen skurrilen Ton der verletzten Liebe, der auch sonst im Weltkino selten getroffen wird.

Das Mädchen Young-Gun (debil-bezaubernd: Lim Soo-Jung) hält sich, so verrückt ist die Prämisse, für eine Mensch-Maschine. Seelische Wunden haben sie dazu gebracht, und weil das Lecken an Batterien handelsübliche Menschennahrung nicht ersetzen kann, fühlt sie sich stets ein wenig energielos. Ill-Sun (als Popmusiker Rain verzaubert Jung Ji Hoon sonst die Teenagerherzen auch über Korea hinaus) hat ebenfalls einen an der Klatsche, die beiden treffen sich im Irrenhaus.

Young-Gun spricht mit Automaten, Ill-Sun versteckt sich hinter Masken - und irgendwann beginnen die beiden hermetischen Gedankenwelten sich magisch zu überlappen. Als das Cyborg-Mädchen an Unternährung zu sterben droht, handelt der Junge - mit einer Liebesgeste, wie sie bedingungsloser, gewitzter und technischer im Kino noch nicht zu sehen war.
Jedes Bild kann Wahn sein oder ein Moment, in dem Gedankenwelten sich berühren. So genau weiß man es nie, keine Idee scheint zu schräg, hier wird geflogen und sogar gejodelt im Namen der Befreiung, aber auch - in Gedanken - wild geschossen.

Als Liebesfilm ist er nicht so larmoyant wie der jüngste Michel-Gondry-Film und beglückender als Wes Andersons Zug-Roadmovie ohne Bewegung. Park Chan-Wook selbst hat nach kathartischen Gewaltfilmen seine eigene Ballade gedreht. Ein Liebesmärchen für die Zeit der digitalen Körpererweiterung, über die Schwierigkeit, die gemeinsame Sprache der Liebe zu sprechen.
Christoph Gröner
Kino: Neues Arena R & B: Park Chan-Wook K: Jeong Jeong-Hun (Korea, 105 Min.)

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