"Digital und Dahoam": BR will Reform durchboxen – dabei hagelt es weiterhin Kritik

Die Intendantin Katja Wildermuth und ihr Kulturchef Björn Wilhelm verteidigen die Programmreform beim Bayerischen Rundfunk.
von  Robert Braunmüller
Katja Wildermuth, BR-Intendantin, bei einer Pressekonferenz unter dem Motto "Digital und Dahoam" zu ihrer Strategie.
Katja Wildermuth, BR-Intendantin, bei einer Pressekonferenz unter dem Motto "Digital und Dahoam" zu ihrer Strategie. © picture alliance/dpa

München – "Wir sind stark geblieben, weil wir uns ständig verändert haben", sagte die Intendantin Katja Wildermuth mit Blick auf den 75. Geburtstag des Senders zum Auftakt der Jahrespressekonferenz des Bayerischen Rundfunks.

Sie stand unter dem Motto "Digital und Dahoam", was die Schwerpunkte im Laptop-und-Lederhos'n-Sprech zusammenfasst: Der Sender möchte moderner werden und zugleich seine Regionalkompetenz stärken.

Bayerischer Rundfunk: Tägliche Kultursendung mit neuen Formaten soll mehr Hörer erreichen

Die damit verbundene Programmreform von Bayern 2 hatte zuletzt wegen der angekündigten Streichung von Literatursendungen für Proteste gesorgt. Die Intendantin und ihr Kulturchef Björn Wilhelm versuchten die Bedenken zu zerstreuen: Neue Formate wie die Bayern-2-Lesereise mit bekannten Autoren sollen Literatur in die Regionen bringen und mehr Hörer erreichen. Die Berichterstattung würde von den Randzeiten in den Kernbereich einer täglichen zweistündigen Kultursendung rücken, die um 14 Uhr beginnen soll.

Björn Wilhelm, Programmdirektor Kultur beim BR (von links), Katja Wildermuth, BR-Intendantin, und Thomas Hinrichs, BR-Informationsdirektor.
Björn Wilhelm, Programmdirektor Kultur beim BR (von links), Katja Wildermuth, BR-Intendantin, und Thomas Hinrichs, BR-Informationsdirektor. © picture alliance/dpa

Insider misstrauen dem Bekenntnis zur Qualität und weisen darauf hin, dass bestenfalls eine der beiden Stunden dieses neuen Magazins für Kulturberichterstattung im klassischen Sinn zur Verfügung stünde. In diesem Format käme auch nicht die ganze bisherige Vielfalt an Inhalten zu Wort.

Programmreform führt innerhalb des BR zu Kritik

Wildermuth stellte die Frage in den Raum, wie viele Rezensionen des "Barbie"-Films in der ARD nötig seien, wenn Art-House-Filme zugleich unentdeckt bleiben. Ihr sei die Berichterstattung über eine regionale Premiere der Freien Szene wichtiger. Im November soll die interne Reform festgezurrt werden, im April 2024 wird das neue Programmschema eingeführt.

Wildermuth und Wilhelm machten bei der Pressekonferenz Stimmung gegen die interne Kritik: Sie verspüre eine "große Begeisterung" im ganzen Haus. Die Reform werde von der überwiegenden Mehrzahl der Mitarbeiter getragen und gehe auch von ihnen selbst aus. Sparmaßnahmen, Kürzungen seien damit nicht verbunden. Seltsam nur, dass von dieser Zuversicht unterhalb der Leitungsetage nichts aus dem Haus dringt.

Der BR will zukünftig mehr Qualität, mehr regionales und jüngere Mitarbeiter

Als konkretes Beispiel für die Verbindung von "Digital und Dahoam" wurde das neue Format "BR24 RegioLive" genannt, das die 30 Büros und Studios des BR in ganz Bayern übernehmen. Mit dieser "Vor-Ort-Kompetenz" will der BR in Zeiten von Filterblasen, gesellschaftlichem Gegeneinander und wachsender Demokratieskepsis ein Zeichen für noch mehr Qualitätsjournalismus setzen. Das Format, hieß es mit Blick auf die anhaltende Kritik aus den Verlagen, werde primär in Videos verbreitet und nicht in presseähnlichen Online-Texten.

Thomas Hinrichs, der Programmdirektor Information, betonte in diesem Zusammenhang technische Probleme mit dem schleppenden Ausbau des 5G-Netzes. Jüngere Zuschauer will der BR durch die verstärkte Beobachtung des bayerischen Popnachwuchses und einen Generationswechsel bei den Mitarbeitern erreichen. Auch die regionale Kleinkunstszene soll stärker Eingang ins Programm finden.

Diese Formate sollen im Bayerischen Rundfunk zukünftig weiterlaufen

Zukünftig gestärkt werden crossmediale Erfolgsformate wie "Die Bergfreundinnen" sowie im Fernsehen bayerische Serien wie "Himmel, Herrgott, Sakrament". Geplant ist eine zweite Staffel von "Oktoberfest 1905". Der Talk von Hannes Ringlstetter erfährt bis Februar einen Relaunch. Genreübergreifend agiert der BR bei einem "Symphonischen Hoagscht", bei dem Simon Rattle im Juni rund 300 Musiker bayerischer Blaskapellen im Showpalast in Freimann dirigiert.

Katja Wildermuth, BR-Intendantin. Im Hintergrund stehen Björn Wilhelm, Programmdirektor Kultur beim BR (rechts) und Thomas Hinrichs, BR-Informationsdirektor.
Katja Wildermuth, BR-Intendantin. Im Hintergrund stehen Björn Wilhelm, Programmdirektor Kultur beim BR (rechts) und Thomas Hinrichs, BR-Informationsdirektor. © picture alliance/dpa

Wildermuth betonte die Notwendigkeit einer ARD-Reform mit verstärkter Zusammenarbeit und der Vermeidung von Dopplungen. Erstaunlich bedeckt hielt sich die Intendantin bei der Frage nach den Rundfunkgebühren. Sie sprach von gestiegenen Kosten und einem erhöhten Finanzbedarf, betonte aber ihr Vertrauen in die unabhängige "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs" (KEF). Auch die Frage nach der Zukunft des München-"Tatorts" mit Batic und Leitmayr blieb unbeantwortet.

Am Nachmittag informierte Katja Wildermuth per Videokonferenz die BR-Mitarbeiter über ihre strategischen Ziele. Dabei fiel, so hört man, im BR für längere Zeit das Internet aus. "Digital und Dahoam" klingt zwar halbwegs modern. In der Praxis bleibt diese Synthese aber oft schwierig.

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