Die Vergeblichkeit beim Puddingfangen

Zweiundzwanzig neue Lieder von Funny van Dannen – endlich klingt er wieder wie in seinen Anfängen
Michael Grill |
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22 neue Lieder von Funny van Dannen – endlich klingt er wieder wie in seinen Anfängen

Der Chefironiker der deutschen Liedermacher ist zurück mit einem neuen Album: Drei Jahre nach „Saharasand” serviert Funny van Dannen „Fischsuppe” – auch musikalisch ein spartanisches Gericht, so einfach wie gut. Denn van Dannen ist nach Jahren des Experimentierens mit allen möglichen Zutaten von Begleitmusikern und Studioarangements zu seinen Anfängen zurückgekehrt: Ein Mann mit Gitarre live vor kleinem Publikum, der zu ein paar handgeschrubbten Akkorden Texte vorträgt.

Vor gut 15 Jahren startete Funny van Dannen als Entdeckung des Münchner Trikont-Labels mit „Clubsongs”. Lieder wie „Nana Mouskouri” und „Als Willy Brandt Bundeskanzler war” waren so skurril wie melancholisch und wurden so etwas wie der ungelenke, aber grundsympathische Blues der deutschen Mittelschicht: grotesk, intellektuell, immer mit einem Lächeln mitsummbar.

Inzwischen dürfte sein Gesamtwerk auf hunderte Songs angewachsen sein, alle nicht länger als ein paar Minuten, die zusammen ein Panoramabild deutscher Befindlichkeit ergeben. Van Dannen wurde im Laufe der Zeit eleganter, die Instrumentierung komplexer, er schrieb Songs für die Toten Hosen („Bayern”) und wurde von Udo Lindenberg gecovert. Doch für den Musiker, der auch malt und Bücher schreibt, wurde offenkundig die Frage immer drängender, wohin künstlerisch die Reise denn nun gehen soll. Dazu kommt, dass inzwischen eine ganze Reihe junger deutscher Textjongleure nachgerückt ist, die entweder wie Jan Koch noch abgründiger sind oder wie Gisbert zu Knyphausen, Tim Bendzko oder Max Prosa marktkonformer.

So ist Funny van Dannen auf „Fischsuppe” wieder der bissig schmunzelnde, schrullige Geschichtenerzähler, alleine und live vor einem immer etwas zu bereitwillig kichernden Clubpublikum. 22 Songs in 45 Minuten, das ist üppig, Produktion, Sound und Arrangement sind es weniger, aber das ist kein Nachteil, diese Kunst braucht den Purismus.

Er kommt mit „Hi, Prost!” auf die Bühne und zerlegt gleich mal die Welt der Assekuranten: „Ich zieh mich zurück mit ner Gummipuppe oder ich geh zur Ergo-Versicherungsgruppe”. Bei der Fischsuppe sollten „die Fische nicht umsonst gestorben sein” und die Vergeblichkeit beim Puddingfangen ist freilich auch eine schöne Metapher. „Das ist ein ganz schön ernstes Lied, ne?”, fragt van Dannen bei „Wildschweinschädel” um die Leichtigkeit zu behalten, und redet dann mit einem Acker, der sich so ausgelaugt fühlt. Man kann das nicht wirklich nacherzählen, denn Funny van Dannen hat seinen ganz eigenen Tonfall – endlich wieder.

Funny van Dannen: „Fischsuppe” (JKP/Warner). Live in München am 30. März in der Muffathalle

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