Die Seele in vielen Farben

Wer Koloratur sagt, meint derzeit Diana Damrau. Auf ihrer neuen Platte durcheilt die Sopranistin aus Günzburg in Arien von Rossini bis Bernstein mit Siebenmeilenstiefeln vier Sprachräume
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Wer Koloratur sagt, meint derzeit Diana Damrau. Auf ihrer neuen Platte durcheilt die Sopranistin aus Günzburg in Arien von Rossini bis Bernstein mit Siebenmeilenstiefeln vier Sprachräume

Seit der Architekt Adolf Loos Ornament und Verbrechen gleichsetzte, haben Verzierungen auch in der Musik den Beigeschmack von überflüssigem Firlefanz. Koloratursoprane werden für ihre Technik bewundert, und viele von ihnen geben sich mit Nachtigallengezwitscher zufrieden, dem es an Seele gebricht.

Diana Damrau ist die rühmliche Ausnahme. Sie lässt es glitzern, vernachlässigt aber über den Koloraturen die Färbung nicht. Weil sie bei jedem Stück eine andere Figur auf die Bühne stellt, ist ihre neue Arienplatte mehr als eine übersüße Pralinenschachtel.

Zwischen Gounod und Verdi

Der Weltstar aus dem bayerischen Schwaben beginnt mit dem vitalen Walzer der Juliette aus Gounods Shakespeare-Oper. Sie strotzt nur so von vitaler Energie. Dann folgt Verdis Gilda: Schon den ersten Einsatz zu den Worten „Gualtier Maldé“ färbt sie ätherisch und gläsern, wie es der Zerbrechlichkeit dieser Figur, wie es Rigolettos Tochter entspricht.

Das Programm reifte bei einer Tournee mit dem wendigen Münchner Rundfunkorchester unter Dan Ettinger. Er schert, anders als beim Münchner Konzert im Herkulessaal, nun nicht mehr französische und italienische Musik über einen Kamm. Von beiden Seiten besonders gelungen wirkt die Arie der Anne Trulove aus Igor Strawinskys „The Rake’s Progress“, bei der die schlichte Natürlichkeit der Sopranistin besonders innig zur Wirkung kommt.

Ausflüge ins lyrische Fach

Aber sie kann auch anders: Als selbstbewusste Rosina im „Barbier von Sevilla“ ist Damrau kokett, im Rezitativ der Zerbinetta macht sie sich richtiggehend lustig über den Schmerz der Ariadne. Sehr liebevoll singt sie die hübschen Nummern des Oscar aus Verdis „Maskenball“, die es normalerweise nie auf Arienplatten schaffen.

Einen Ausflug ins lyrische Fach wagt die Günzburgerin mit Puccinis leider etwas zäh gedehnter Schmonzette „Il mio babbino caro“, in der keine einzige Koloratur vorkommt. Perfekt glücken ihr die Wechselbäder aus getrübter Freude und Weltschmerz in der Szene der Ophelie aus Ambroise Thomas’ „Hamlet“, ehe sie es zuletzt mit „Glitter and be gay“ aus Bernsteins „Candide“ richtig krachen lässt.

Das ist alles wunderbar. Noch schöner wäre ein etwas durchgeplanteres Konzept-Album gewesen. Und es ist ein Jammer, dass die auch auf DVD eher schwach vertretene Sängerin in den Zeiten der CD-Krise gar keine Gesamtaufnahmen machen darf.

Robert Braunmüller

Diana Damrau: „COLORaturaS“ (Virgin Classics)

Diana Damrau bei der Aufnahme mit dem Rundfunkorchester (Dauer: 6 Minuten)

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