Die Satire "The Palace" von Roman Polanski
Es gibt den Spruch: De mortuis nihil nisi bene! Also dass man über Verstorbene nur gut reden soll. Nun ist Roman Polanski mit seinen 90 Jahren zwar nicht tot. Aber das internationale Filmgeschäft hat ihn noch einmal mit einer Welle der Empörung, über eine Untat, die er vor fast 50 Jahren begangen hat, überzogen und zur Persona non grata gemacht. Aber das Filmfestival von Venedig hat seinem - vielleicht letzten - Werk letzten September noch einmal den Roten Teppich ausgerollt. Den hatte der im Schweizer Exil lebende französisch-polnische Regisseur aber nicht mehr betreten: zu alt oder immer noch zuviel Sorge, in die USA ausgeliefert zu werden, wegen des Haftbefehls wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen 1977.
Silvestererwartung im Luxushotel
Jetzt kommt seine schwarze Satire "The Palace" ins Kino. Und es ist keine subtile "Zauberberg"-Geschichte, obwohl sie in einem alpinen Schweizer Luxushotel spielt, an Silvester 1999. In Erwartung des neuen Jahrtausends sind viele Stammgäste zur Gala angereist. Manche mit einer neureichen Selbstverständlichkeit, dass sie nicht einmal zuvor reserviert hatten, was den Hotelmanager und immer zuvorkommenden Gästejongleur - gespielt von Oliver Masucci - hinter seiner korrekten Freundlichkeitsfassade an den Rande des Nervenzusammenbruchs treibt.
Reiche Vögel, Hundekot und Herzinfarkt
In dieser Dichte von reichen Vögeln an einem Ort hat Polanski aber den Humor nicht genug zugespitzt. So ist dieser Film keine beißende Gesellschaftskritik oder auch nur -analyse geworden, sondern zu nett. Und das, obwohl ein wunderbares Schauspielensemble zur Verfügung stand: John Cleese spielt einen amerikanischen Unternehmer-Patriarchen, dessen Verlobte (Bronwyn James) seine Enkelin sein könnte - mit einem daraus folgenden etwas verbrauchten Herzinfarktwitz.
Mickey Rourkey ist wie Donald Trump
Fanny Ardant wiederum ist eine einsame Marquise, die von ihrer Umgebung größte Rücksichtnahme auf ihr Hündchen verlangt - inklusive Stuhlproben. Und dann gibt es noch Mickey Rourke, der als Rolle auffällig an Donald Trump erinnert und ein Finanzbetrüger ist und die Computerumstellung um Null-Uhr für eine wundersame Vermögensvermehrung nutzen will. Er wickelt ein kleines Würstchen der örtlichen Sparkasse (Milan Peschel) ein, indem er die Sehnsucht nach dem großen Geld bedient.
Es ist ungerecht, den (vielleicht) letzten Film eines alten Mannes als "Vermächtnis" zu bezeichnen, weil es keinen Grund gibt, dass man mit 90 Jahren am künstlerischen und kreativen Höhepunkt ist.
Roman Polanskis "Vermächtnis" sind andere Filme
Polanski hat noch vor drei Jahren mit "J'accuse" die antisemitische Dreyfußaffäre des 19. Jahrhunderts packend aufgearbeitet. Und zu seinem Werk gehören Meisterwerke wie "Rosemaries Baby" (1968), "Chinatown" (1974) oder "Der Pianist" (2002). Dass ihm jetzt nur die sozialkritische Gleichung "Geld ist gleich ordinär" eingefallen ist und er zu brav der Frage nach geht, inwieweit Reichtum den Charakter deformiert, kann man aber hinnehmen, weil noch genug Witz vorhanden ist, auch wenn der Film langsam ist.
Wie sagt Oliver Masucci in einem ehrlichen Moment hinter seiner neutralen Schweizer Hoteliersfassade: "The rich are rich, because they don't tip." Denn hinter dem Geiz beim Trinkgeld steckt Egozentrik, Empathielosigkeit und Ignoranz gegenüber den echten Härten des Lebens.
Kino: Rex, Rottmann, Solln sowie ABC (auch OmU), Museum (OV)
R: Roman Polanski (I, PL, CH, F, 97 Min.)
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