Die Provinz - ein Leuchten
8Man möchte nicht unbedingt vom Regisseur und seiner Muse sprechen (siehe Interview), aber es ist schon eine besondere künstlerische Beziehung, die Christian Petzold und Nina Hoss verbindet. Jetzt haben sie schon fünf Filme gemeinsam gedreht, und besonders im Gesicht von Hoss findet Petzold eine Unnahbarkeit, die sich unvermutet in Wärme auflösen kann, was sich in die unaufgeregte, märchenhafte bis Noir-trunkene Atmosphäre von Petzolds Filmen wunderbar einfügt. Der Sympathie des Zuschauers eröffnen sich diese Frauen nicht auf den ersten Blick, aber es ist nun mal das Geheimnis, das den Betrachter anzieht.
In „Barbara” ist Hoss nun eine verschlossene Ärztin, die im Sommer 1980 in die mecklenburgische Provinz strafversetzt wird, weil sie einen Ausreiseantrag Richtung Westen gestellt hat. Viele Worte verliert sie nicht, in der Kantine zieht sie an ihren Kollegen vorbei, den Annäherungsversuche des Chefarztes André weicht sie aus, auch wenn der nicht locker lässt. Da kommt er auch mal nicht mit dem Auto zur Arbeit, damit er mit ihr zusammen radeln kann…
Spitzelt er sie etwa aus für die Stasi? Nach und nach enthüllt Petzold, dass Barbara sich auf nichts einlässt, weil sie gar nicht ankommen will. Die illegale Ausreise in den Westen ist geplant, den West-Lover umarmt sie, plötzlich entfesselt, im Märchenwald. Die Unruhe in Barbara deutet Hoss subtil an, aber der Wind der Ostsee ist wild, verbiegt die Bäume nahe eines Kreuzes, wo Barbara zunächst das Geld für ihre Flucht vergräbt. Das Meer soll ihr Weg zur Freiheit sein. Der Film folgt nun einer Dramaturgie, wie man sie gar von US-Komödien wie „Doc Hollywood” oder der Serie „Ausgerechnet Alaska” kennt: Die Ärztin will raus aus der Provinz und lernt Menschen kennen, die ihr Herz doch mehr und mehr halten.
Eine junge Ausreißerin aus einem Arbeitslager (Jasna Fritzi Brauer) fasst Vertrauen zu Barbara. Und André, den Ronald Zehrfeld mit ruhigem Charme spielt, lässt das Eis doch schmelzen. Und dass die ostdeutsche Provinz ihren ganz eigenen Zauber hat, wird in den leuchtenden Bildern von Kameramann Hans Fromm – auch er einer, mit dem Petzold immer wieder zusammenarbeitet – für uns alle sichtbar.
Kino: City, Eldorado, Neues Arena, Studio Isabella, R: Ch. Petzold (D, 105 Min.)
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