Die New Yorker Philharmoniker sind im Stress
Die Orchestermusiker aus New York begleiten Geigerin Lisa Batiashvili in der Gasteig-Philharmonie.
Es ist noch gar nicht so lange her, da waren die amerikanischen Spitzenorchester ihren europäischen Kollegen in punkto Präzision und Virtuosität um Einiges überlegen. Doch das ist vorbei. Auch die New Yorker Philharmoniker, die jetzt in der gut besuchten, aber nicht ausverkauften Philharmonie gastierten, kochen nur mit Wasser – und das auch nicht immer überzeugend.
Die dunkel getönten Klänge, mit denen sie die prächtige Lisa Batiashvili im Violinkonzert von Jean Sibelius begleiteten, besaßen keinerlei Struktur. Dirigent Alan Gilbert verweigerte den Dialog und steuerte das Orchester unspektakulär und indifferent durch die Noten. Solistische Einwürfe einzelner Instrumente blieben unbeachtet. Die 1979 in Tiflis geborene und in Deutschland lebende Geigerin war auf sich allein gestellt. Sie spielte perfekt, aber leider auch ziemlich spannungslos: Das Eingangs-Allegro wurde zum Andante gedehnt, was natürlich Auswirkungen auf den sich anschließenden langsamen Satz hatte, der um Aufmerksamkeit kämpfen musste. Ein gleich bleibend kräftiger Ton ohne dynamische Abstufungen irritierte zusätzlich. Womöglich war die Angst vor den akustischen Tücken der Gasteig-Philharmonie allzu groß gewesen.
Bei Ludwig van Beethovens „Eroica” machte das Orchester einen weitaus besseren Eindruck. Prächtige Hörner, sensible Holzbläser, energische Streicher – genügend Qualität für eine aufregende Aufführung der Symphonie Nr. 3 wäre vorhanden gewesen. Doch New Yorks Chefdirigent Alan Gilbert beließ es bei beschaulich-romantischer Gefälligkeit ohne Ecken und Kanten. Die rhythmische Energie des ersten Satzes war glatt gebügelt, vorgeschriebene Wiederholungen wurden großzügig missachtet. Vieles klang nach Schubert. Man muss hier nicht die Faust des Titanen recken. Aber ein bisschen mehr Nachdruck sollte schon investiert werden. Auch Beethovens zugegebene „Egmont”-Ouvertüre signalisierte allenfalls, dass der Tournee-Stress die Amerikaner fest im Griff hat.