"Die Moderne geht immer"

Vor 20 Jahren eröffnete das älteste Auktionshaus der Welt seine Münchner Filiale am Hofgarten
von  Sven Barthel
Begehrte Reduktion: Franz von Rassler vor einer typischen Arbeit des Künstlers Alexej Jawlensky.  Foto: Imago
Begehrte Reduktion: Franz von Rassler vor einer typischen Arbeit des Künstlers Alexej Jawlensky. Foto: Imago

Hier werden keine Versteigerungen abgehalten. Kaufen kann man auch nichts. Trotzdem gibt es Öffnungszeiten, während derer jedermann vorbeischauen kann. Vor 20 Jahren eröffnete das Dorotheum eine Filiale an der Galeriestraße am Hofgarten. Welche Funktion hat diese Außenstelle des 1707 gegründeten Wiener Auktionshauses, die aus einem Büro und einem sich über zwei Ebenen erstreckenden Raum besteht? Grund genug für ein klärendes Gespräch mit dem Geschäftsführer Franz von Rassler, der den Imagewandel seit der Privatisierung des Dorotheums von antiquiert zu hip maßgeblich vorangetrieben hat.

AZ: Herr von Rassler, von außen betrachtet geht es an Ihrem Arbeitsplatz ruhig zu. Welchem Zweck dient die von Ihnen geführte Repräsentanz?

FRANZ VON RASSLER: Die Hauptaufgabe besteht darin, Kunstwerke und Objekte für unsere Auktionen in Wien zu akquirieren, also Menschen zu gewinnen, ihre Kunstwerke über uns zu verkaufen - und außerdem potenzielle Käufer für die Werke in den Auktionen zu finden. Darüber hinaus bieten wir fachliche Beratung rund um den An- und Verkauf von Kunstwerken und sehen uns hier besonders als Ansprechpartner für Sammler aus dem süddeutschen Raum. Mindestens zweimal im Jahr finden hier in München Vorbesichtigungen statt, bei den unsere Kunden ausgewählte Highlights der Wiener Auktionen besichtigen können. Dabei handelt es sich um etwa 50 Spitzenstücke von den bis zu 500 Werken, die bei den großen Auktionen zum Aufruf kommen. Gelegentlich halten wir in unseren Räumlichkeiten aber auch Vorträge zu bestimmten Sammelgebieten ab, die unserer Spartenvielfalt entsprechen.

Wie kommen Sie an die Stücke?

Vieles läuft über privates Networking. Wir schalten aber auch Anzeigen für unsere regelmäßig stattfindenden Expertentage. Interessierte können anrufen und einen Termin vereinbaren. Dann schauen wir uns die mitgebrachten Objekte an und bewerten diese. Auch gibt es Sammler, die ihre Sammlung umstrukturieren und aus diesem Grund Werke zurück in den Markt geben wollen, sowie Händler, die immer wieder interessante Stücke zu uns bringen. Last but not least leben wir natürlich auch von unserem guten Ruf. Wer in Sammlerkreisen an Auktionen denkt, denkt oft automatisch auch ans Dorotheum.

Wie kann ich Kunst vom Dorotheum versteigern lassen?

Indem Sie uns zunächst kontaktieren, telefonisch oder per E-Mail, und einen Termin für eine Begutachtung vereinbaren. Eine grobe Einschätzung, ob ein Kunstwerk für uns auktionsfähig ist, ist aber auch schon anhand eines guten Fotos möglich.

Was kostet eine solche Begutachtung?

Die Begutachtung ist kostenlos und unverbindlich. Wir hoffen natürlich, dass Interessenten, deren Stücke wir als wertvoll eingeschätzt haben, diese dann auch bei uns versteigern lassen.

Was sind für das Dorotheum auktionsfähige Stücke?

Im Dorotheum in Wien wird fast alles, was halbwegs von Wert ist und eine Nachfrage hat, angenommen. In den Repräsentanzen müssen die Objekte ein gewisses Wertlimit haben, denn das ganze Handling, also das Kontrollieren, Einpacken, Auspacken, der Transport und dessen Versicherung, kostet natürlich, und das lohnt sich erst ab einen Versteigerungswert von etwa 3000 Euro. Dieser Wert bezieht sich primär auf Bilder, Schmuckstücke und Luxusuhren. Möbel sind davon ausgenommen - wegen der hohen Transportkosten. Immer Konjunktur haben die Klassische Moderne sowie zeitgenössische Kunst ab 1945. Hier ist die internationale Nachfrage konstant hoch.

Was ist der aktuelle Trend?

Es gibt einen deutlichen Generationswechsel am Kunstmarkt. Nachlässe aus der Generation meiner Großeltern und Eltern, die seit 20 Jahren allmählich verstirbt oder sich verkleinert, treffen nicht mehr den Geschmack der jungen Generation: Antiquitäten, Heiligenfiguren, Porzellan, Silber und Orientteppiche oder Gemälde des 19. Jahrhunderts. Die Wohnungen werden immer kleiner, da ist allzu bauchiges und voluminöses nicht mehr gefragt. Somit erleben gerade Barockmöbel einen Preisverfall und sind der große Verlierer. Gewinner sind Designmöbel mit cleanen Formen à la Jean Prouvé und zeitgenössische Kunst.

Kann eigentlich jeder mitbieten?

Ja. Die Auktionen sind öffentlich. Um eine Bietertafel zu bekommen, müssen Sie sich nur vorher registrieren, damit wir wissen, wer da bietet und kauft. Für die Teilnahme an unseren Online-Auktionen müssen Sie zuvor Ihren Personalausweis hochladen. Bei sehr hohen Beträgen können im Einzelfall auch Bonitätsprüfungen durchgeführt werden.

Was sind Katalog-Auktionen und wodurch unterscheiden diese sich von regulären Auktionen?

Bei Katalogauktionen werden, im Gegensatz zu reinen Onlineauktionen, noch Kataloge gedruckt, und die Objekte können ab etwa zehn Tagen vor der Auktion im Original besichtigt werden. Bei reinen Onlineauktionen gibt es keine Vorbesichtigung mehr.

Adresse: Dorotheum München, Galeriestraße 2, am Hofgarten. Mehr Infos unter dorotheum.com. Interessenten können sich unter myDOROTHEUM registrieren und sich nach ihren Interessen über das Auktionsangebot via E-Mail informieren lassen.

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