Die letzte Weihe für den Man in the Mirror
Mit der katholischen Kirche hatte Michael Jackson zeitlebens wenig zu tun. Dennoch wünschten sich seine Münchner Fans eine Andacht in der Paulskirche - und waren am Ende zufrieden.
Michael, wie hast du’s mit der Religion? Vermutlich hielt er nicht viel davon. Als Zeuge Jehova erzogen, gerüchteweise mit Scientology im Bunde und später zum Islam konvertiert – wenn eine allgemeine Orientierungslosigkeit das Leben des Michael Jackson geprägt hat, dann galt dies ganz besonders für seine religiösen Überzeugungen.
Mit einer Andacht und der Segnung einer 16 Meter langen Trauerschleife haben nun gut zwei dutzend Fans mehr als drei Monate nach seinem Tod Abschied von Michael Jackson genommen – und das ausgerechnet in einem katholischen Gotteshaus, der St.Paul Kirche an der Theresienwiese.
Die Segnung der mit knapp 1000 Namen versehenen Trauerschleife war ein Wunsch der Fans, denn so ganz ohne weihevollen Akt wollte man das Stück nicht gen Los Angeles verschiffen, wo es der Jackson-Familie überreicht werden soll.
Ein erzkatholisches Ritual für „Jacko, The Wacko“, also „Jacko, den Spinner“, wie die englische Presse zu reimen pflegte? Die Kirche hatte zunächst ihre Bedenken. Als Bühne für eine Freakshow wollte man seine heiligen Hallen nicht hergeben. Auch Pfarrer Rainer Hepler gab zu, dass einige die Idee als „Humbuk“ abgetan hätten.
Mit einer „interreligiösen Andacht“ kam man den Fans am Donnerstag dann doch entgegen. „Wir wollen weder die vielen Fans unterschiedlichster Konfessionen noch Michael Jackson vereinnahmen“, begründete Hepler den ökumenischen Ansatz der Zeremonie. Dann philosophierte er über die Gesichter des "Man in the Mirror" in Anlehnung an Jacksons berühmten Song und las aus dem Psalm 139.
Klein und verletzlich wirkten die versammelten Fans zwischen den mächtigen Säulen der Paulskirche. Einige wischten sich mit ihren Glitzerhandschuhen Tränen aus den Augen. Freakshow, Happening oder Trauerritual? Ein bisschen was von allem war die Andacht und traf damit die Erwartungen der Veranstalter. Eine junge Frau sagte nach der Andacht: "Es war eine tolle Art Michael 'Auf Wiedersehen!' zu sagen."
Reinhard Keck
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