Die Konzerte der Osterfestspiele Salzburg unter Antonio Pappano
Junge Sängerinnen und Sänger enthusiastisch zu loben, ist immer etwas riskant. Denn der Opernbetrieb neigt dazu, gehypte Talente rasch und mitleidlos verbrennen zu lassen. Jeder Abend ist auch nur eine Momentaufnahme. Das alles vorausgesetzt, darf die Stimme von Masabane Cecilia Rangwanasha mit aller Vorsicht trotzdem als sensationell bezeichnet werden.
Die 30-jährige Südafrikanerin sang bei den Osterfestspielen in Salzburg die Sopran-Partie in Verdis "Requiem". Und ihr gelang, was nur wenige schaffen: sich in ein Ensemble einzufügen und trotzdem sowohl den lyrischen wie den dramatischen Teil des "Libera me" nicht nur zu bewältigen, sondern auch souverän zu gestalten. Und das mit einer Stimme und einer Gestaltungskunst, die an Leontyne Price erinnert.
Ein erstklassiges Orchester
Auch sonst gelang Antonio Pappano mit dem Chor und dem Orchester der Accademia Nazionale di Santa Cecilia Rom eine ausgezeichnete Aufführung dieses schwierigen Stücks. Pappano balancierte souverän auf der Messerschneide zwischen Oper und Oratorium. Das Drama wurde nicht ins Theatralische forciert, falsche Ergriffenheit breitete sich auch nicht aus. Das war auch ein Verdienst des schlank singenden, mit dem Bachchor Salzburg vereinigten Coro dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia (Einstudierung: Andrea Secci). Auch die übrigen Solisten Judit Kutasi (Mezzosopran), Luciano Ganci (Tenor) und Michele Pertusi (Bass) boten Solides und qualitätvollen Ensemblegesang. Das ist beim "Requiem" wichtiger als eitles Startum.
Diskutieren kann man über die Tempo-Rückungen, die Pappano in Fortissimo-Wirkungen vor Generalpausen setzt. Aber jenseits dessen ist die Verdi-Kompetenz dieses Dirigenten unanfechtbar. Und es ist eine Freude, den schlanken, warme und helle Klang des in allen Gruppen homogenen Orchesters mehrere Abende nacheinander bei verschiedenen Werken zu erleben. Denn irgendwie sind beide ein wenig unterschätzt, die Accademia di Santa Cecilia international als eines der weltbesten Orchester und - vor allem in Deutschland - Pappano als Ausnahme-Dirigent, dem zwischen Verdi und Wagner und zwischen Konzert und Oper nichts fremd ist.
Orchestermusik aus Italien
Im ersten Konzert folgte auf Luciano Berios effektvoller Orchesterversion von Luigi Boccherinis "Aufmarsch der Nachtwache von Madrid" eine wenig bekannte "Elegia" von Amilcare Ponchielli, dem Komponisten der diesjährigen Oper "La Gioconda". Dann gab es eine Komposition von Victor de Sabata, den jeder Opernfan als Dirigenten der legendären Callas-"Tosca" von 1953 kennt: "Juventus" ist hörbar ein Remake des "Don Juan" von Richard Strauss, aber durchaus originell und gut gemacht.
Nach der Pause dirigierte Pappano zwei Traditionswerke des Orchesters: Ottorino Respighis "Fontane di Roma" und "Pini di Roma". Beide Tondichtungen wurden von der Accademia di Santa Cecilia uraufgeführt. Die Klangpracht war enorm, und fast mehr noch als das kraftvolle Fortissimo beeindruckten subtil-leise Stellen wie das Klarinettensolo in "I pini del Gianicolo". Danach erklärte Pappano, dass er bei der Zusammenstellung des Programms den 100. Todestag von Giacomo Puccini vergessen habe. Als Entschuldigung gab es das perfekt getimte Zwischenspiel aus "Manon Lescaut". Und dann brillierte noch das sehr kultivierte, niemals vulgäre Blech des Orchesters im Schluss von Gioachino Rossinis Ouvertüre zu "Guillaume Tell".
Versöhnung mit der Zugabe
Jakub Hruša, der erste Gastdirigent des Orchesters, hatte mit einem schön zusammengestellten Programm mit Italien-Bezug etwas Pech. Die 1956 in Salzburg uraufgeführten "Fresques de Piero della Francesca" von Bohuslav Martinu gelangen zwar perfekt und klangprächtig. Und eigentlich müsste der helle Klang des Orchesters gut zu Hector Berlioz passen. Aber schon beim "Römischen Karneval" fehlte es an Spritzigkeit. Bei "Harold en Italie" hatte die Geigen-Legende Pinchas Zukerman den Kopf vor allem in den Noten. Virtuosität gehört bei diesem verkappten Bratschenkonzert aber unbedingt dazu, mehr oder weniger mit viel Vibrato vom Blatt gespielt wirkt es nicht. Und auch Hruša gelang es nicht wirklich, die trockene Hitze dieser Musik anzufachen.
Zukerman versöhnte mit einer kleinen Schmonzette der Mozart-Zeitgenossin Maria Theresia von Paradis, für das er sich vom Konzertmeister die Geige lieh. Im Publikum übten beim Schlussapplaus bereits Kunstbeflissene die korrekte Aussprache der Oper "Chowanschtschina" von Modest Mussorgski, die Esa-Pekka Salonen an Ostern 2025 dirigieren wird - mit dem Finnish Radio Orchestra, bis dann 2026 wieder die Berliner Philharmoniker an Ostern nach Salzburg zurückkehren.
Die Konzerte werden bis Ostermontag im Großen Festspielhaus wiederholt. Infos zum aktuellen und kommenden Programm unter osterfestspiele.at. Die Accademia di Santa Cecilia gastiert unter Jakub Hruša am 16. Mai in der Isarphilharmonie. Karten bei Münchenticket und unter Telefon 93 69 93
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