Die fulminante Kölner Wampe
15 Jahre nach ihrem letzten Studio-Album veröffentlicht die Kölner Zeltinger Band ihre neue CD "Die Rückkehr des Retters"
Den hat man wirklich vermisst – und darf sich nun um so mehr freuen, dass er wieder da ist. Jürgen Zeltinger (Foto: Jens van Zoest, EMI) der mit seiner Band ab Ende der 70er Jahre den Rock’n’Roll um die kölsche Proll-Tunten-Variante bereicherte, feierte den 61. Geburtstag vor einigen Tagen standesgemäß mit einem Konzert in der JVA Köln-Ossendorf und schiebt nun die neue CD „Die Rückkehr des Retters“ samt Bonus-Hörbuch mit Geschichten aus seiner Biografie hinterher.
Es war die Zeit noch vor der Neuen Deutschen Welle, als Zeltinger mit schnellen Punk-Songs, verrockten Volksliedern und genialen Covern wie „Müngersdorfer Stadion“ nach den Ramones die betuliche Rockszene aufmischte. „Deutschlands ekligster Rocker“ wurde er genannt, wenn er im Tigerslip seine fulminante Wampe mit ausgestülptem Bauchnabel zur Schau stellte und fröhlich grölend die Freuden von Suff und Sex beschwor. Zeltinger war, auf seine Art, ein Wegbereiter für die Schwulenemanzipation: So offensiv hatte sich nie zuvor ein Rock’n’Roller zur Homosexualität bekannt.
Ab Ende der 80er wurde es außerhalb der Domstadt still um ihn. Die „Retter“-CD könnte nun geeignet sein, den kölschen Rohsinn auch wieder überregional bekannter zu machen: Herrlich altmodischer und zugleich taufrischer Rock’n’Roll, in dem „wir hier unten“ gegen „die da oben“ wettern, mit der Bierdose in der Hand mal einen auf lustige Tunte machen und uns an den vielen schönen AC/DC-Riffs erfreuen, die Gitarrist Volker Voigt beisteuert. Zeltinger ist wieder: ein Comic von der besten Sorte.
Michael Grill
Die CD erschien bei der EMI