Die Ego-Streichler im Radio
MÜNCHEN - Aus Schwabing sendet ab Freitag der neuer Radiosender Ego FM. Er richtet sich vor allem an Jugendliche. Das Besondere: unbekannte Bands, entspannte Moderatoren und Radio zum Mitmachen Die AZ sprach mit Programmchef Jörg Landfried.
Kaffee gibt es keinen. „Die Maschine wurde noch nicht geliefert. Aber bis Freitag steht alles“, sagt Jörg Landfried. Seit drei Wochen basteln er und sechs Kollegen im Norden Schwabings am neuen Radiosender Ego FM. Die Schallschutzscheibe zwischen den Studios fehlt zwar, dafür ziehen sich gelb-grüne Farbstreifen über die Wände. Morgen um 13.30 Uhr wird das erste Mal live gesendet.
Ego FM heißt der Jugendsender, der über das Internet und terrestrisch zu empfangen ist. „Wir sind einmalig“, sagt Programmchef Landfried. Was das genau heißt – gar nicht so leicht zu sagen. „Die Idee entstand aus der Unzufriedenheit, wenn man Radio hört und nicht das kommt, was man sucht.“ Ego FM will das Negative ummünzen:
"Viele Sender spielen Titel tot"
Die Musik: Zum fünften Mal in der Stunde dudelt Rihanna. „Viele Sender spielen Titel tot“, so Landfried. Bei Ego FM gibt es keine Chart-Schleife. Landfried: „Wir spielen Songs, die man im Radio sonst nicht hört. Etwas Brandneues, etwas Ungewöhnliches oder auch etwas Altes, das man versäumt hat.“ Raggea, Indie, Electro, R’n’B, „nur kein Mainstream“.
Die Moderatoren: In der Früh schon überdrehte Fröhlichkeit, dazu ein Gewinnspiel und das Beste aus den 80ern. „Bei uns nicht. Wir gehen den Morgen entspannt an, man bleibt gerne noch eine Minute liegen, um den Titel zu genießen“, sagt Landfried. Dazu Nachrichten („um viertel nach“), Tipps zu Webseiten, Alben oder Videospielen. „Unsere Moderatoren reden nur über Dinge, von denen sie Ahnung haben und wie es ihrer Persönlichkeit entspricht.“ Eben frech, schüchtern, egozentrisch, tierlieb. „Wir erzählen von Dingen, pauschalisieren nicht oder machen Werbung.“ Ganz um die PR-Maschine kommt Ego FM aber nicht herum: Der Sender finanziert sich über Spots.
"Wir nehmen den Hörer ernst"
Der Hörer: Leicht macht es sich Ego FM nicht. Das Programm richtet sich an Schüler, Studenten und Berufsanfänger. „Ein 15-Jähriger lebt in einer anderen Welt als ein BWL-Student“, sagt Landfried. Sie sollen sich da treffen, wo typisches Radio aufhört: beim Mitmachen, bei persönlichen Empfehlungen. „Der Moderator nimmt diese dann in die Sendung auf.“ Das Ego des Hörers wird gestreichelt. „Wir nehmen ihn ernst.“
Fazit: Interaktives Jugendradio erfindet Ego FM nicht neu. Dass die Moderatoren aber nicht schrill sein wollen, und nachts Musik ohne Unterbrechung läuft, klingt vielversprechend – auch für musikliebhabende Post-Twens.
Anne Kathrin Koophamel
Ego FM ist unter der Frequenz 104.0 in München, unter 103.6 in Nürnberg, unter 95.8 in Würzburg, 107.5 in Regensburg, 94.8 in Augsburg oder über www.egoFM.de zu empfangen
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