Die doppelte Affäre der Doris Heinze

Edgar Selge betrügt Katrin Sass und Doris Heinze den NDR. Die Ex-Fernsehspielchefin hat unter falschem Namen das Buch zu „Die Freundin meiner Tochter“ geschrieben. Das Erste zeigt den Film am Mittwoch
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Paul (Edgar Selge) kommt nach Hause und versucht schuldbewusst zu überspielen, dass er gerade bei seiner Geliebten war. Doch Hannah (Katrin Sass) weiß es längst
NDR 2 Paul (Edgar Selge) kommt nach Hause und versucht schuldbewusst zu überspielen, dass er gerade bei seiner Geliebten war. Doch Hannah (Katrin Sass) weiß es längst
Doris Heinze klagt gegen die fristlose Kündigung des NDR
dpa 2 Doris Heinze klagt gegen die fristlose Kündigung des NDR

Edgar Selge betrügt Katrin Sass und Doris Heinze den NDR. Die Ex-Fernsehspielchefin hat unter falschem Namen das Buch zu „Die Freundin meiner Tochter“ geschrieben. Das Erste zeigt den Film am Mittwoch

Eines muss man Doris Heinze ja lassen: An Fantasie mangelte es der geschassten NDR-Fernsehspielchefin nie. Aber wohl an Realitätssinn. Nicht nur, dass sie über Jahre hinweg ihren Sender und damit auch die Gebührenzahler betrog, aber jetzt eine Kündigungsschutzklage ankündigte. Ausgerechnet mit der fingierten Biografie der jungen Newcomerin Marie Funder, Jahrgang 1981, versuchte sie zu verschleiern, dass das Drehbuch zum Fernsehfilm „Die Freundin der Tochter“ (ARD) in Wahrheit von ihr selbst stammt. Katrin Sass und Edgar Selge spielen darin ein Ehepaar, seit 25 Jahren verheiratet. Er hat eine Geliebte, sie kämpft mit allen Mitteln um die Ehe. Da muss Heinze ihrer Frau Funder ja eine Menge an Lebenserfahrung zugetraut haben. Das Presseheft zitiert die angebliche Autorin: „Ich schreibe Drehbücher, weil ich es liebe, Menschen zu beobachten und in ihre emotionalen Welten einzutauchen. Ich mag meine Figuren, weiß fast alles über sie, kenne ihre Abgründe, ihre Hoffnungen und Träume.“

Edgar Selge bekommt im Film seine Affäre, der NDR hat seine längst. Heinze hat unter falschem Namen Drehbücher verfasst und damit doppelt so viel Honorar eingestrichen als ihr unter eigenem Namen zugestanden hätte. Offiziell war es Heinze gestattet, einmal im Jahr einen selbst geschriebenen Stoff abzuliefern – allerdings gegen das halbe Honorar. Vom eigenen Mann hat sich Heinze ebenfalls beliefern lassen – unter Pseudonym. Besonders infam: Ein Drehbuch soll die 60-Jährige sogar zwei Mal verkauft haben. „Dienstage mit Antoine“ als Marie Funder an den NDR, „Dienstage mit Marie“ unter eigenem Namen an Network Movie.

Richtig ärgern dürften sich auch die, die außer Heinze an „Die Freundin der Tochter“ beteiligt waren. Denn der Film, in dem Selge seine Frau nicht nur mit einer Jüngeren betrügt, sondern ausgerechnet mit der besten Freundin der Tochter, hätte die ungeplante Aufmerksamkeit gar nicht nötig gehabt. Die Filmmusik ist für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Und Selge und Sass spielen wunderbar glaubwürdig, auch wenn Geschichte und Dialoge kleinere Schwächen aufweisen.

In Vor- und Abspann steht nun Doris Heinze als Autorin. Auch die Pressemappe hat der NDR neu aufgelegt und das einfühlsame Wunderkind Marie Funder gestrichen. Der NDR hat einen Anti-Korruptionsbeauftragen eingesetzt, der dem Sender künftig derartige Skandale ersparen soll. Diskutiert wird auch, ob das System, das einzelnen Personen eine scheinbar unkontollierbare Machtfülle ermöglicht, nicht grundlegend geändert werden müsse.

Was bleibt, ist ein großes Rätsel. Warum bringt sich eine Frau, deren Name für Anspruch und Qualität steht, so in Verruf? Das will auch ARD-Programmdirektor Volker Herres nicht in den Sinn. „Bei normaler Lebensführung kann man in einer solchen Position im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwar nicht reich werden, aber auch nicht in Not geraten“, sagt er und fügt an: „Der Fall Heinze ist im Grunde ein großer Stoff: Eine begnadete Fernsehfilmredakteurin bringt sich selber auf so törichte, traurige Art zu Fall.“ Na, wie wär’s Frau Funder?

Angelika Kahl

Mittwoch, 23. September, 20.15 Uhr, ARD

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